Rz. 529
§ 2 Abs. 1 und 6 Gewaltschutzgesetz bestimmen, dass in den Fällen, in denen es zu einer Verletzung der Gesundheit oder Freiheit des Opfers entsprechend § 1 Abs. 1 S. 1 GewSchG gekommen ist, sowie in den Fällen einer Drohung nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 um unbillige Härten zu vermeiden (z.B. zum Schutz der im Haushalt lebenden Kinder), die verletzte Person vom Täter verlangen kann, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Dies gilt wiederum auch für die Fälle, in denen der Täter unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gehandelt hat. Da § 2 GewSchG nur auf den gemeinsamen Haushalt, nicht aber auf den Familienstand abstellt, gilt § 2 GewSchG in allen Fällen, in denen zwei Personen einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen und es zu einer Gewalttat kommt.
Rz. 530
Zu beachten ist!
Für Eheleute besteht dieser Anspruch nach § 2 GewSchG neben dem Anspruch aus § 1361b BGB (betreffend die Ehewohnung bei Getrenntleben). § 1361b BGB ist gegenüber § 2 GewSchG bei Getrenntleben von Eheleuten lex specialis und geht § 2 GewSchG vor. Leben die Eheleute zum Zeitpunkt der Gewalttat noch nicht getrennt und besteht auch keine Trennungsabsicht, ist § 2 GewSchG die speziellere Vorschrift.
Rz. 531
Sofern das Opfer allein oder mit einer dritten Person Rechte an der Wohnung hat, ist die dauerhafte Überlassung der Wohnung möglich. Eine befristete Überlassung der Wohnung hat zu erfolgen, wenn der verletzten Person mit dem Täter das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, zusteht oder die verletzte Person mit dem Täter die Wohnung gemietet hat, § 2 Abs. 2 S. 1 GewSchG. Sofern dem Täter allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet, oder hat er die Wohnung allein oder gemeinsam mit einem Dritten gemietet, so hat das Gericht die Wohnungsüberlassung an die verletzte Person auf die Dauer von höchstens sechs Monaten zu befristen, § 2 Abs. 2 S. 2 GewSchG. Wenn die verletzte Person innerhalb der vom Gericht nach § 2 Abs. 2 S. 2 GewSchG bestimmten Frist anderen angemessenen Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen, so kann das Gericht die Frist um höchstens weitere sechs Monate verlängern, es sei denn, überwiegende Belange des Täters oder des Dritten stehen entgegen, § 2 Abs. 2 S. 3 GewSchG. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 5 GewSchG. Die Vorschriften des GewSchG gehen sehr weit. So hat der Täter während der Wohnungszuweisung alles zu unterlassen, was die Nutzung der Wohnung durch das Opfer einschränken oder verhindern könnte. Das Gericht kann daher dem Täter untersagen, einen bestehenden Mietvertrag zu kündigen, etc.
Rz. 532
Eine Wohnungszuweisung kann nur in begründeten Ausnahmenfällen nicht erfolgen, nämlich dann, wenn weitere Verletzungen nicht zu befürchten sind, die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Wohnungsüberlassung schriftlich vom Täter verlangt oder wenn der Wohnungsüberlassung schwerwiegende Belange des Täters gegenüberstehen (schwere Behinderung, Erkrankung, etc.).