Zusammenfassung
Eine Wohnungszuweisung kann als Maßnahme zum Schutz vor Gewalt durchgefuhrt werden. Das Gericht kann auf Antrag der verletzten Person Maßnahmen zur Abwendung treffen.
Das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) vom 11.12.2001 ist anwendbar, wenn eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt und weitere Verletzungshandlungen zu befurchten sind. Fuhren die verletzte Person und der Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt, so kann das Gericht unter anderem anordnen, dass der Täter die Wohnung der verletzten Person zur alleinigen Benutzung uberlässt.
1 Begriff der Gewalt
Unter "Gewalt" ist die Körperverletzung, die Gesundheitsverletzung und die Freiheitsberaubung zu verstehen. Unter den Gewaltbegriff fällt auch die Androhung dieser Verletzungshandlungen, der Hausfriedensbruch sowie die Belästigung durch unerwunschtes Nachstellen (sog. Stalking) oder durch unerwunschte Telefonanrufe und dergleichen. Der Begriff der "Gewalt" kann in einem umfassenden Sinn als "physische oder psychische Aggression gegen eine andere Person" verstanden werden. Es ist nicht erforderlich, dass die Tat in der Wohnung begangen wird.
2 Schutzmaßnahmen
Das GewSchG unterscheidet zwischen den allgemeinen Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen und den speziellen Maßnahmen zur Regelung der Wohnungsnutzung. Die Maßnahmen nach § 1 GewSchG sind in allen Fällen möglich, in denen eine Person durch Anwendung oder Androhung von Gewalt oder durch Nachstellung in ihren Rechten beeinträchtigt wird. Maßnahmen nach § 2 GewSchG kommen dagegen nur dann in Betracht, wenn die Parteien zum Zeitpunkt der Tat einen auf Dauer angelegten Haushalt gefuhrt haben.
2.1 Wohnungszuweisung zur alleinigen Nutzung
Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewSchG kann die verletzte Person vom Täter verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu uberlassen. Handelt es sich bei den Parteien um getrennt lebende Ehegatten oder besteht bei einem Ehegatten Trennungsabsicht, so wird § 2 GewSchG durch § 1361b BGB als lex specialis verdrängt. Bei Eheleuten ohne Trennungsabsicht und bei sonstigen Partnerschaften ist § 2 GewSchG anwendbar.
2.2 Die Voraussetzungen der Wohnungszuweisung
Grundsätzlich gilt, dass eine Wohnungszuweisung nur in solchen Fällen in Betracht kommt, in denen Wiederholungsgefahr besteht oder weitere Verletzungen zu befurchten sind.
Ausnahmsweise genugt einzelne Gewalttat
Ausnahmsweise genugt aber auch eine vereinzelte Gewalttat, wenn diese so schwer ist, dass der verletzten Person ein weiteres Zusammenleben mit dem Täter nicht zugemutet werden kann.
3 Formalien
Die Wohnungszuweisung setzt voraus, dass die verletzte Person innerhalb von 3 Monaten nach der Tat die Überlassung der Wohnung verlangt. Der Überlassungsanspruch muss gegenuber dem Täter schriftlich geltend gemacht werden. Bei der dreimonatigen Frist handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Im Fall der Fristversäumung kann auch dann keine Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn das Opfer die Frist schuldlos versäumt hat.
Fristbeginn
Zu beachten ist jedoch, dass die Frist mit jeder Gewalttat von Neuem beginnt.
4 Welches Gericht ist zuständig?
Antrag der verletzten Person unbedingt erforderlich
Das Gericht wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der verletzten Person tätig.
Zuständig fur den Antrag ist das Familiengericht, wenn die Parteien einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt fuhren oder innerhalb von 6 Monaten vor der Antragstellung gefuhrt haben. Die Zuständigkeit des Familiengerichts besteht nicht nur fur Eheleute, sondern fur alle Personen, die in einem auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Fuhren die Parteien keinen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt oder wurde dieser bereits vor mehr als 6 Monaten vor dem Antrag beendet, so ist das allgemeine Zivilgericht zuständig.
5 Nach welchen Grundsätzen entscheidet das Gericht?
Die Entscheidung uber die Wohnungszuweisung erfolgt auf der Grundlage einer Interessenabwägung.
Opferschutz hat Vorrang
Dabei ist zu beachten, dass der Opferschutz vorrangig ist. Eine Wohnungszuweisung scheidet nur dann aus, wenn "besonders schwerwiegende Belange des Täters" entgegenstehen.
- Ist das Opfer alleiniger Mieter, wird ihm die Wohnung zugewiesen. Die Zuweisung erfolgt in diesem Fall unbefristet.
- Haben Täter und Opfer die Wohnung gemeinsam gemietet, ist die Dauer der Wohnungsuberlassung zu befristen.
- Ist der Täter alleiniger Mieter, ist die Dauer der Überlassung an die verletzte Person auf 6 Monate zu befristen.
Die verletzte Person ist verpflichtet, die Zeit der Wohnungszuweisung zur Wohnungssuche zu nutzen. Die Dauer der Zuweisung kann um höchstens 6 Monate verlängert werden, wenn es der verletz...