Rz. 618
Im Gerichtskostengesetz für Familiensachen, das nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG auch für die Anwaltsgebühren anzuwenden ist, findet sich in § 39 FamGKG eine eigene Wertvorschrift für Antrag und Widerantrag. Dabei hat sich der Gesetzgeber erst mit dem 2. KostRMoG dazu durchgerungen, aus der bisher in § 39 FamGKG angesprochenen Widerklage sprachlich einen Widerantrag zu formulieren, um den eigenen Vorgaben aus § 113 Abs. 5 FamFG gerecht zu werden. Man kann gerade an diesem Beispiel erkennen, dass die Vorgaben aus § 113 Abs. 5 FamFG durchaus als "missglückt" bezeichnet werden können. Denn tonal unterscheidet sich der "Widerantrag" vom "wieder Antrag" nicht. Dabei ist es sicher ein Unterschied, ob ein Antragsgegner einen Widerantrag oder wieder einen Antrag stellt. Die Intention des Gesetzgebers, durch freundlichere Formulierungen das streitanfällige Familienrecht "weichzuspülen", wird in der Praxis vielfach als missglückt empfunden. "Streithähne" hält es nicht vom Streit ab, weil sie jetzt nicht mehr Parteien sondern Beteiligte heißen. Aber es ist müßig, sich über § 113 Abs. 5 FamFG zu wundern; die Praxis wird damit zurechtkommen, auch wenn mancher langgediente Richter wohl auch seine Probleme mit diesem Sprachgebrauch hat. So wird denn auch aus dem Beteiligten gerne mal die "antragstellerseits beteiligte Partei", damit es nicht zu einer Verwechslung mit dem beteiligten Jugendamt kommt.
In § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist inhaltlich geregelt, dass die Werte von Antrag und Widerantrag zu addieren sind, wenn sie nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden.
Rz. 619
§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG bestimmt jedoch weitergehend, dass, wenn die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen, nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend ist. Eine Addition kommt daher nur in Frage, wenn die Ansprüche nicht denselben Gegenstand betreffen.
Rz. 620
Es stellt sich die Frage, ob wechselseitig mit Antrag und Widerantrag von Ehegatten geltend gemachte Zugewinnausgleichsansprüche im Gegenstand identisch sind oder nicht.
Zunächst ist festzustellen, dass im Verfahren auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs nicht Antrag und Widerantrag zugleich stattgegeben werden kann. Die Zuerkennung auf der einen Seite wird zwangsläufig ein Aberkennen auf der anderen Seite mit sich bringen (sog. "Identitätsformel"). Tatsächlich macht aber die Rechtsprechung vom Zusammenrechnungsverbot bei "denselben Ansprüchen" eine Ausnahme, sofern bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise inhaltlich ein unterschiedliches Begehren bei den Beteiligten vorhanden ist. Ohne Zweifel führt zudem auch das Stellen eines Widerantrags im Zugewinnausgleichsverfahren zu einer erheblichen Mehrarbeit des Gerichts, da der Antragsgegner nicht nur Antragsabweisung beantragt (weil er keinen Zugewinnausgleich an seinen Ehegatten zahlen möchte), sondern darüber hinaus auch noch selbst einen Zahlungsanspruch auf Zugewinnausgleich geltend macht. Bei Antrag und Widerantrag über Zugewinnausgleichansprüche bejaht die herrschende Meinung eine Addition. Das Thema ist weitgehend geklärt, so dass neuere Rechtsprechung kaum existiert.
Rz. 621
Oftmals geschieht es, dass die Beteiligten in einem Scheidungsverfahren neben dem Zugewinn auch die Übertragung von Miteigentumsanteilen an eine der Beteiligten betreffend eines gemeinsamen Grundstücks in einem Vergleich regeln. Die Richter des HansOLG Bremen haben entschieden, dass in einem solchen Fall für die Vereinbarung betreffend den Miteigentumsanteil ein übersteigender Vergleichswert anfällt, was gerade bei solchen Gegenständen auch gebührenmäßig deutlich ins Gewicht fällt. Nach Ansicht der Richter gehört die Auseinandersetzung bezüglich des Miteigentums nämlich nicht zum Zugewinn. Sie erfolgt vielmehr unabhängig vom Zugewinnausgleich nach den Regeln der §§ 749 ff. BGB.
Rz. 622
Der Umstand, dass der Wert des jeweiligen Miteigentumsanteils im Endvermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen ist und dadurch der Zugewinnausgleich beeinflusst wird, lässt das Erfordernis, nach dem Scheitern der Ehe das Miteigentum auseinander zu setzen, unberührt. Daher ist es gerechtfertigt, hierfür einen gesonderten Wert in Ansatz zu bringen.
Rz. 623
Wird hingegen auf Auskunft geklagt (§ 1379 BGB), so ist das Auskunftsinteresse mit einem Bruchteil des Hauptwertes anzusetzen (§§ 38 S. 1 FamGKG). Die Rechtsprechung geht hier von etwa 1/4 bis 1/5 aus, je nachdem wie sehr die Auskunft Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruches ist.