a) Wille des Gesetzgebers
Rz. 565
Es kommt nicht darauf an, ob ein Anrecht ausgeglichen wird. Entscheidend für die Wertberechnung ist die Anhängigkeit eines Anrechts, so auch der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung:
Zitat
"Außerdem wird die Formulierung "für jedes auszugleichende Anrecht" in "für jedes Anrecht" geändert. Damit ist klargestellt, dass jedes verfahrensgegenständliche Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswerts zu berücksichtigen ist, und zwar auch dann, wenn es im Ergebnis nicht zu einem Ausgleich im Wege einer internen oder externen Teilung des Anrechts kommt."
Rz. 566
Der Gesetzgeber hat festgehalten, dass die zunächst/bislang vorgesehenen Festwerte dem konkreten Aufwand der Gerichte und den Leistungen der Anwältinnen und Anwälte im Versorgungsausgleich nicht immer hinreichend Rechnung tragen. Auch hat man (im Gegensatz noch zur Einführung des § 49 GKG zum 1.7.2004 durch das KostRMoG) erkannt, dass neben den Regelsicherungssystemen ab 1.9.2009 auch betriebliche und private Versorgungen eine Rolle spielen, wie z.B. auch Riester-Verträge. Durch das neue Teilungsprinzip durch die Versorgungsausgleich-Struktur-Reform (Grundsatz der Teilung jedes Anrechts) – tritt die Bedeutung des einzelnen Anrechts in den Vordergrund. Es wurde seitens des Gesetzgebers daher für sachgerecht gehalten, den Wert in Versorgungsausgleichssachen ähnlich wie in Ehesachen (§ 43 FamGKG) an den Einkünften der Ehegatten zu orientieren.
b) Berücksichtigung aller verfahrensgegenständlichen Anrechte
Rz. 567
In die Wertberechnung nach § 50 FamGKG sind nach Ansicht des OLG Stuttgart daher alle verfahrensgegenständlichen Anrechte einzubeziehen und nicht nur die auszugleichenden.
Rz. 568
Allerdings hat das OLG Stuttgart in derselben Entscheidung die Auffassung vertreten, dass es der Billigkeit entspreche, verfallbare Anrechte und Anrechte ohne Ehezeitanteil von der Festsetzung des Verfahrenswerts im Versorgungsausgleich auszunehmen.
Auch das OLG Hamburg will Anrechte, die ohne Ehezeitanteil sind, unberücksichtigt lassen.
Zitat
"Bei der Bemessung des Verfahrenswertes in einer Versorgungsausgleichssache sind jedenfalls nach § 50 Abs. 3 FamGKG Anrechte bei solchen Versorgungsträgern nicht zu berücksichtigen, deren Auskünfte zweifelsfrei ergeben, dass bei ihnen Anrechte in der Ehezeit nicht erworben worden sind. (amtlicher Leitsatz)"
Rz. 569
Das OLG Koblenz vertritt ebenfalls die Ansicht, dass zwar auch nicht auszugleichende Anrechte werterhöhend sind, aber nur solche, die überhaupt für einen Ausgleich in Betracht kommen. Aus den Gründen dieser Entscheidung:
Zitat
"§ 50 FamGKG ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass ein Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswertes nur dann zu berücksichtigen ist, wenn es dem Grunde nach überhaupt für den in Rede stehenden Versorgungsausgleich in Betracht kommt. Scheidet eine Einbeziehung des "Anrechts" von vornherein aus, etwa weil Anrechte der betreffenden Art nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen oder Anrechte nicht während der Ehezeit erworben worden sind, sind diese für die Bestimmung des Verfahrenswertes nicht erheblich (im Ergebnis ebenso OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.6.2011 – 10 UF 249/10 rech. in juris; OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 227, das jedoch auf Billigkeitserwägungen nach § 50 Abs. 3 FamGKG abstellt)."
Ob ein Anrecht dem Grunde nach überhaupt in den gegenständlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen ist oder nicht, ergibt sich häufig jedoch erst nach Einholung der Auskunft bei dem jeweiligen Versorgungsträger. In die Wertberechnung sind daher nur solche Anrechte einzubeziehen, die nach Einholung der Auskunft überhaupt für den gegenständlichen Versorgungsausgleich in Betracht kommen, unabhängig davon, ob im Folgenden ein Ausgleich stattfindet oder nicht.“
Rz. 570
Ebenso hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden und Anrechte ohne Ehezeitanteil nicht bei der Bewertung berücksichtigt:
Zitat
"Ergibt die in einer Versorgungsausgleichssache eingeholte Auskunft des Versorgungsträgers, dass in der gesetzlichen Ehezeit kein Anrecht erworben wurde, so findet dieses vermeintliche Anrecht bei der Bemessung des Verfahrenswertes nach § 50 FamGKG grundsätzlich keine Berücksichtigung."
Rz. 571
Diese letztgenannte Ansicht ist jedoch abzulehnen. Das Familiengericht hat auch bei diesen Anrechten die gleiche Arbeit, wie bei auszugleichenden Anrechten. Das heißt, es muss die Auskünfte bei den Beteiligten und Versorgungsträgern einholen und danach entscheiden, ob es sich um ausgleichspflichtige Anwartschaften handelt, was sich teilweise sogar erst durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erweist. Zusätzlich muss nach § 19 Abs. 3 VersAusglG auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte geprüft werden, ob ein Ausgleich unterbleibt, wenn dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre, da noch nicht ausgleichsreife Anrechte dazu führen können, dass ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrecht...