Rz. 957

Ein Ehegatte kann dann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen, wenn der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten. Die in § 1386 Abs. 3 BGB a.F. enthaltene Sanktion der Verletzung des auf § 1353 BGB beruhenden Informationsanspruchs wurde im § 1385 Nr. 4 BGB übernommen.

 

Rz. 958

Ob die vorzeitige güterrechtliche Reaktion des § 1385 Nr. 4 BGB an der Nichterfüllung der allgemeinen Unterrichtungspflicht der Ehegatten aus § 1353, Abs. 1 S. 2 BGB anknüpft, oder auch an die güterstandsspezifische Auskunftspflicht des § 1379 BGB, war stark umstritten.

Es stellte sich die Frage, ob ein Vorgehen nach § 1385 BGB auch dann möglich ist, wenn seitens des auskunftspflichtigen Ehegatten eine Auskunftsverweigerung über das Trennungsvermögen nach § 1379 BGB verweigert wird.

 

Rz. 959

Gegen diese Ausdehnung spricht der Gesetzeswortlaut, der nach wie vor die Weigerung "zu unterrichten" voraussetzt.[1162]

 

Rz. 960

Für eine Ausweitung der im Rahmen des § 1384 Nr. 4 BGB relevanten Informationspflichten auch auf den güterrechtlichen Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB spricht die Gesetzessystematik. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass auch nach der Gesetzesreform der Informationsanspruch gemäß § 1373 BGB sich nicht von dem neuen Auskunftsanspruch des § 1379 BGB zum Zeitpunkt der Trennung abgrenzt. So kann ein Ehegatte Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung nach § 1379 BGB verlangen, der immer noch bestehende Informationsanspruch bleibt jedoch neben dem Auskunftsanspruch bestehen.[1163] Beide Ansprüche stehen rechtlich gleichwertig nebeneinander in Gesetzeskonkurrenz.[1164]

Aufgrund der Tatsache, dass nach der Gesetzesreform beim vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 BGB sofort Leistungsklage möglich ist, besteht für den Leistungsberechtigten nunmehr, zur Vorbereitung seiner Leistungsklage und deren Bezifferung, auch ein Auskunfts- und/oder Belegvorlageanspruch gemäß § 1379 BGB.

Würde man die Regelung des § 1385 Nr. 4 BGB lediglich auf Nichterfüllung der allgemeinen Unterrichtungspflicht der Ehegatten aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB begrenzen und würde man vorzeitigen Zugewinn des ausgleichsberechtigten Ehegatten bei Weigerung zur Auskunftserteilung gemäß § 1379 BGB zum Trennungszeitpunkt verneinen, hätte dies zur Konsequenz, dass der Ehegatte nach Trennung ein Minus an Schutz vor illoyalen Handlungen des andern Ehegatten hinnehmen muss, soweit der vermeintlich zahlungsverpflichtete Ehegatte seine Informationspflichten nach § 1353 BGB erfüllt hat.

Da jedoch im Zeitraum nach der Trennung ein Ehegatte noch stärker geschützt werden muss, als vor der Trennung, ist es gerechtfertigt, dass System des vorzeitigen Zugewinns auch dann anzuwenden, wenn der Auskunftsanspruch gemäß § 1379 BGB nicht ordnungsgemäß erfüllt wird.

In Konsequenz des Nebeneinanders der Informationsverpflichtung aus § 1353 BGB und der Auskunftsverpflichtung gemäß § 1379 BGB besteht dann immer noch die Möglichkeit vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 1385 Nr. 4 BGB zu verlangen, wenn der andere sich beharrlich weigert, den Informationsanspruch zu erfüllen.[1165]

 

Rz. 961

Entsprechend seiner bisherigen Funktion richtete sich der Unterrichtungsanspruch nach § 1353 BGB nach herrschender Meinung auf einen Überblick auf die wesentlichen Bestandteile des Vermögens und deren Wert im groben Rastern und/oder Nachweise im Einzelnen; er umfasst auch die Verpflichtung, den Ehegatten über getätigte Vermögensbewegungen in groben Zügen zu unterrichten.[1166] Detaillierte Aufführungen waren ebenso wenig geschuldet, wie ein Verzeichnis oder die Vorlage von Belegen oder Geschäftsbüchern.[1167]

Im Hinblick auf die Güterrechtsreform zum 1.9.2009 wird vertreten, dass sich der Informationsanspruch aus § 1353 BGB auch inhaltlich verändert hat. Soweit man ihn, als einen neben dem Auskunftsanspruch bestehenden Anspruch ansieht,[1168] dann müssen auch die grundlegenden Strukturen eines Auskunftsanspruchs angewendet werden.[1169] Bei grundsätzlicher Beibehaltung zum Inhalt des Anspruchs muss die Auskunft jedoch in Form eines Bestandsverzeichnisses gemäß § 260 BGB erteilt werden.

 

Rz. 962

Der BGH hat diese Streitfrage nunmehr mit seiner Entscheidung vom 17.9.2014[1170] dahingehend beantwortet, dass wegen der Nichterfüllung der Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 2 BGB der vorzeitige Ausgleich des Zugewinns oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1385 Nr. 4, 1386 BGB nicht verlangt werden kann.

Der BGH stellt in der oben zitierten Entscheidung sehr dezidiert dar, dass der Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 2 BGB im Anwendungsbereich des § 1385 Nr. 4 BGB nicht erfasst wird.

Bereits der Wortlaut des § 1385 Nr. 4 BGB spricht dafür, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift nur die aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abgeleitete Unterrichtungspflicht erfasst. Auch die Gesetzesmaterialien enthalten keinen Hinweis darauf, dass mit der Novellierung des § 1385 Nr. 4 BGB der Anwendungsbereich der Vorschrift auf den neu gesch...

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