Rz. 42
Bei der Pfändung in ein Girokonto muss der Gläubiger immer darauf achten, ob es sich hierbei um ein Oder-Konto oder um ein Und-Konto handelt. In der täglichen Praxis steht das Girokonto als Gehalts- oder Lohnkonto oftmals den Ehegatten gemeinschaftlich zu. Sie führen dieses Gehaltskonto als sogenanntes Oder-Konto. Dies bedeutet, dass jeder der Kontoinhaber über das gesamte Guthaben verfügen kann, sie sind insoweit Gesamtgläubiger nach § 428 BGB.
Rz. 43
Die Bank kann grds. an den Kontoinhaber leisten, der dies als erster verlangt. Wird das Guthaben eines Oder-Kontos durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eines Gläubigers des Ehemanns gepfändet, dann wird dadurch auch der Auszahlungsanspruch der Ehefrau, die ebenfalls Inhaberin des Kontos ist, erfasst. Der Schuldner kann gegenüber dem vollstreckenden Gläubiger nicht einwenden, das Guthaben stehe dem anderen Kontoinhaber im Innenverhältnis alleine zu.
Rz. 44
Selbst die Insolvenz über das Vermögen eines der Kontoinhaber berührt den Fortbestand des Giro- und Kontokorrentverhältnisses zwischen dem anderen Kontoinhaber und der Sparkasse nicht.
Rz. 45
Da jeder Kontoinhaber alleine über das gesamte Konto verfügen kann, kann dieses auch für jeden Gläubiger eines Kontoinhabers in voller Höhe gepfändet werden. Diese für den Gläubiger auf den ersten Blick günstige Tatsache hat auf der anderen Seite den Nachteil, als die Pfändung gegen den einen Kontoinhaber den anderen Kontoinhaber nicht davon abhalten kann, über das Konto insgesamt zu verfügen, insbes. das gesamte Guthaben einzuziehen.
Rz. 46
Hiervon wird der andere Kontoinhaber insb. innerhalb der Monatsfrist nach § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO Gebrauch machen, innerhalb derer die Bank das Guthaben noch nicht an den Gläubiger auszahlen darf. Hebt der andere Kontoinhaber das gesamte Guthaben in dieser Frist ab, leistet die Bank mit schuldbefreiender Wirkung. Damit ist die Pfändung gegenstandslos geworden. Ab dem 1.12.2021 gilt weiterhin die Spezialnorm § 850l ZPO, die erstmals den Pfändungsschutz eines Gemeinschaftskontos regelt. Unterhält der Schuldner, der eine natürliche Person ist, mit einer anderen natürlichen oder mit einer juristischen Person oder mit einer Mehrheit von Personen ein Gemeinschaftskonto, und wird Guthaben auf diesem Konto gepfändet, so darf das Kreditinstitut erst nach Ablauf von einem Monat nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses aus dem Guthaben an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Dies gilt auch für künftiges Guthaben.
Rz. 47
Dem Konto-Mitinhaber eines Oder-Kontos steht gegen die Pfändung des Anspruchs des anderen Konto-Mitinhabers auf Auszahlung des Guthabens kein die Veräußerung hinderndes Recht i.S.v. § 771 ZPO zu, soweit er geltend macht, im Innenverhältnis der Konto-Mitinhaber stehe ihm allein das Guthaben zu. Dem Konto-Mitinhaber steht auch weder ein Ausgleichsanspruch gem. § 430 BGB noch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB hinsichtlich des an den Pfändungsgläubiger ausgezahlten Guthabens zu.