Rz. 124
Das Vertragsrecht mit den möglichen Vertragsgestaltungen hat gerade im Bereich der Telekommunikation erheblich an Bedeutung gewonnen. Gegenüber dem TKG 1996 gibt es zunächst insofern eine bedeutende Änderung, als die früher bestehende Genehmigungspflicht für Allgemeine Geschäftsbedingungen ersatzlos gestrichen wurde. Nach dem TKG 1996 galt Folgendes: Die Anbieter von (damals) lizenzpflichtigen Telekommunikations- und Universaldienstleistungen mussten ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Genehmigung vorlegen (§ 23 Abs. 1 TKG 1996). Die Regulierungsbehörde (heute BNetzA) hatte ein vier Wochen andauerndes Widerspruchsrecht (Abs. 2). Marktbeherrschende Unternehmen unterlagen zudem hinsichtlich der von ihnen verlangten Preise für Telekommunikationsdienstleistungen einer zweistufigen Kontrolle. Zu diesen Preisen zählten alle "Entgelte" und "entgeltrelevanten Bestandteile Allgemeiner Geschäftsbedingungen".
Rz. 125
Nach der neuen Rechtslage sind zunächst besondere Informationspflichten zu beachten, die im Prinzip dem § 312d BGB i.V.m. Art. 246 und Art. 246a EGBGB vor dem Abschluss von Fernabsatzverträgen entsprechen (§ 54 TKG). Darüber hinaus ist das Produktinformationsblatt bereitzustellen (§ 1 Transparenzverordnung, v. 19.12.2017, BGBl I, 2977). Wichtig ist auch die Vorlage der leicht lesbaren Vertragszusammenfassung gem. § 54 Abs. 3 TKG "unter Verwendung des Musters in der Durchführungsverordnung (EU) 2019/2243 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Festlegung eines Musters für die Vertragszusammenfassung…" Die Vorlage der Vertragszusammenfassung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss des Vertrags (§ 54 Abs. 3 S. 2 TKG). Wird die Zusammenfassung nachgereicht, so kann der Verbraucher den Vertrag in Textform genehmigen. Bei Ablehnung steht dem Anbieter kein Wertersatz für inzwischen erbrachte Telekommunikationsdienste zu.
Zudem ist zu beachten, dass gem. § 52 Abs. 1 TKG Anbieter von Internetzugangsdiensten und öffentlich zugänglichen interpersonellen Telekommunikationsdiensten, die die Erbringung der Dienste von ihren Geschäftsbedingungen abhängig machen, verpflichtet sind, aktuelle Informationen zu Preisen und Tarifen (Nr. 1), Vertragslaufzeit (Nr. 2) sowie zahlreiche weitere Angaben zu veröffentlichen.
§ 55 TKG ordnet an, dass der Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit dem Teilnehmer im Vertrag zahlreiche Informationen zur Verfügung stellen muss, und zwar nach § 55 Abs. 1TKG
die gem. Anhang VIII Teil A der Richtlinie (EU) 2018/1972 zu erteilenden Informationen (Nr. 1) und
Informationen über die Entschädigung der Endnutzer durch ihre Anbieter für den Fall, dass diese die Verpflichtungen zum Anbieterwechsel oder bei einer Rufnummernmitnahme nicht einhalten oder Kundendienst- und Installationstermine versäumen (Nr. 2).
Bevor ein Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, stellen Anbieter von Internetzugangsdiensten und öffentlich zugänglichen interpersonellen Telekommunikationsdiensten zusätzlich zu den Informationen nach Abs. 1 die Informationen nach Anhang VIII Teil B der Richtlinie (EU) 2018/1972 zur Verfügung (§ 55 Abs. 2 TKG).
Die Nichtbeachtung der Informationspflichten führt – mit Ausnahme der Nichtvorlage der Vertragszusammenfassung (§ 54 Abs. 3 S. 2 TKG) – nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags, kann aber Schadenersatzansprüche begründen (§ 69 TKG evtl. i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) und die Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen (§§ 3, 3a UWG) nach sich ziehen.
Rz. 126
Im Folgenden werden einige spezielle Probleme unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung erörtert. Die Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit werden durch § 305a Nr. 2b BGB nunmehr insofern eingeschränkt, als die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen Vertrag erschwert wird. Früher genügte die Veröffentlichung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Amtsblatt der Regulierungsbehörde bei zusätzlicher Bereithaltung in den Geschäftsstellen. Dieses Einbeziehungsprivileg ist nunmehr dadurch stark eingeschränkt, dass nur noch solche Verträge erfasst werden, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung von Telekommunikationsdiensten in einem Mal erbracht werden (§ 305a Nr. 2b BGB). Weiter wird verlangt, dass die AGB der anderen Partei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor dem Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können. Darunter werden nur noch diejenigen Verträge fallen, die ausschließlich durch Eingabe von Rufnummern oder Betreiberkennzahl über das Telefon geschlossen werden, wie z.B. im Falle des offenen Call-by-Call und bei Mehrwert- und Informationsdiensten. Bei sonstigen TK-Dienstleistungen für die Öffentlichkeit müssen die AGB dagegen ab dem 1.1.2002 ausdrücklich gem. § 305 Abs. 2 BGB in die Verbraucherverträge mit einbezogen werden.
Rz. 127
Seit 2021 sind auch die Richtlinien zu den digitalen Verträgen zu beachten. Dabei geht es um...