Rz. 150

Zunächst wurde der Rundfunkbegriff um das Erfordernis des journalistisch-redaktionellen Angebots als positives Merkmal erweitert (§ 2 Abs. 1 S. 1 MStV). Das sind solche Beiträge, die aufgrund der inhaltlichen Bearbeitung sowie deren Auswahl zur öffentlichen Kommunikation und Meinungsbildung beitragen. Ein weiteres Merkmal ist die organisatorische "Verfestigung", wobei es aber nicht auf eine berufsmäßige journalistische Tätigkeit ankommt.

 

Beispiel

Auch Gamer, die regelmäßig kommentierte Computerspiele streamen, ebenso wie Live-Kommentierungen von Sportereignissen können unter diese Kategorie fallen.[162]

 

Rz. 151

Der Rundfunk erfolgt vielfach als Streaming via Internet, wobei dies "entlang eines Sendeplans" erfolgen muss. Letzteres Merkmal war Gegenstand eines Rechtsstreits von "BILD Live", da es sich dabei um drei live gestreamte Internet-Videoformate jeweils zu aktuellen Themen aus Politik und Unterhaltung handelte. Das VG Berlin hat sich mit dem Begriff des Sendeplans auseinandergesetzt und deren Vorliegen bejaht, da es für den Sendeplan bereits ausreiche, "wenn die inhaltlich und zeitliche Abfolge weiterer Sendungen erkennbar beabsichtigt" sei, was in diesem Fall bejaht wurde.[163] Hintergrund ist die Pflicht zur Beantragung einer Rundfunkzulassung (§ 52 MStV), die in diesem Fall nicht vorlag.[164]

 

Rz. 152

Während nach dem § 20b RStV "Hörfunk im Internet", also Webradios, keine Zulassung bedurften, fallen diese nunmehr grds. unter die Zulassungsbestimmung des § 52 MStV, es sei denn ein Ausnahmekriterium des § 54 Abs. 1 MStV wäre maßgeblich, etwa wenn diese nur geringe Bedeutung für die individuelle oder öffentliche Meinungsbildung entfalten (Nr. 1) oder im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichen (Nr. 2).

 

Rz. 153

Zu den Erstellern und Verbreitern digitaler Inhalte zählen auch die rundfunkähnlichen Telemedien (§ 2 Abs. 2 Nr. 13 MStV), die ebenfalls der Zulassungspflicht unterliegen (früher § 58 Abs. 3 S. 1 RStV). Hierzu zählen auch die von den Rundfunkanstalten vorgehaltenen Mediatheken (Online-Videotheken).[165]

 

Rz. 154

Besondere Pflichten folgen für solche Inhalteanbieter wie Podcasts, die als typische rundfunkähnliche Telemedien anzusehen sind, da es dort um die Zusammenstellung von Sendungen unter eigener redaktioneller Verantwortung, eben ähnlich den Rundfunkprogrammen, allerdings nicht-linear (vielmehr auf Abruf) geht.

Für diese Telemedien gilt, dass Werbung leicht erkennbar sein muss, ferner das Trennungsgebot zu beachten ist (Trennung der Werbung von redaktionellen Beiträgen). Die Werbung ist in der Weise zu kennzeichnen, dass vorher und nachher ein Signal ertönt und ein ausdrücklicher Hinweis auf die Werbung erfolgt (§ 74 i.V.m. § 8 Abs. 3 MStV). Politische und Schleichwerbung sind verboten (§ 74 i.V.m. § 8 Abs. 7 MStV).

 

Rz. 155

Die Sicherung journalistischer Standards für Telemedien soll durch die Beachtung der Sorgfaltspflicht gem. § 19 Abs. 1 S. 1 MStV (früher § 54 RStV) erfolgen.[166] Leitlinie hierfür können die publizistischen Grundsätze des Pressekodex sein (Vereinbarung des Deutschen Presserats mit den Presseverbänden). Hierzu gehört es, veröffentlichte Informationen mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu zu berichten, insbesondere den Inhalt, Herkunft und Wahrheitsgehalt zu prüfen.[167] Es besteht allerdings keine Pflicht zur Neutralität.[168]

 

Rz. 156

§ 19 Abs. 1 S. 2 MStV erweitert den Anwendungsbereich auf alle geschäftsmäßig erbrachten, journalistisch-redaktionell gestalteten Telemedienangebote, in denen regelmäßig Nachrichten oder politische Informationen enthalten sind.[169]

 

Rz. 157

Das Trennungsgebot ebenso wie die Erkennbarkeit des Absenders politischer, weltanschaulicher und religiöser Werbung gelten auch für Telemedien (§ 22 Abs. 1 S. 1–3 MStV).

[162] Siara, MMR 2020, 370.
[163] VG Berlin v. 26.9.2019 – VG 27 K 365.18, MMR 2020, 267. Dieses Urteil ist rechtskräftig.
[164] Hintergrund ist die Planung für BILD Live als rundfunkähnliches Medium, für das ebenfalls eine Zulassung vorliegen muss (§ 52 MStV).
[165] Mediatheken sind keine Plattformen gem. § 78 MStV; siehe BeckOK InfoMedienR/Gummer, MStV, § 78 Rn 30.
[166] Heins/Lefeldt, MMR 2021, 126.
[167] Der Prüfungsvorgang (Recherche und Präsentation) ist Gegenstand der Betrachtung (also die Pflicht), nicht der Wahrheitsgehalt des Berichtes selbst; MStV Begründung, S. 21.
[168] Zur "Polizeifestigkeit" der Online-Presse im Kontext des § 19 Abs. 1 i.V.m. § 109 MStV siehe Lent, ZUM 2019, 593.
[169] MStV Begründung, S. 21. Ein Unterschied zu § 19 Abs. 1 S. 1 MStV ist allerdings kaum von praktischer Relevanz, da schon S. 1 alle denkbaren Varianten der "online-Presse" erfasst; Lent, ZUM 2019, 593, 599.

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