Rz. 30
Als Unterfall der Marktregulierung ist die Zugangsregulierung zu beachten (§§ 20 bis 36 TKG). Es handelt sich um die Regulierung des Zugangs von Nutzern und Anbietern zu Telekommunikationsnetzen und Telekommunikationsdiensten. Der Begriff des Zugangs ist neu und inhaltlich deutlich weiter gefasst als nach dem TKG 1996/2004 (§ 3 Nr. 74 TKG 2021). Danach ist Zugang die Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten für ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen. Mit einbezogen ist nunmehr auch die Verwendung zur Erbringung von Diensten der Informationsgesellschaft oder Rundfunkdienste. Wichtigster Anwendungsfall bleibt die Zusammenschaltung (§ 3 Nr. 79 TKG). Hintergrund dieser Bestimmungen ist die Ermöglichung des Zugangs für Endnutzer (Teilnehmeranschluss), also die Nutzung des Teilnehmernetzes und der darauf erbrachten Dienstleistungen (§ 31 Abs. 1 TKG). Da in einem freien Telekommunikationsmarkt Kunden unter verschiedenen Netzbetreibern wählen können, möchten diese auch mit Kunden anderer Netzbetreiber telefonieren können. Hierfür müssen Telekommunikationsnetze zusammengeschaltet werden. Folglich können alle Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze zusammengeschaltet werden. Betroffen sind davon Betreiber, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren (§ 21 TKG), sog. Teilnehmernetzbetreiber sowohl im Mobilfunk als auch im Festnetz. Dagegen sind Verbindungsnetzbetreiber ohne eigene Endnutzer-Teilnehmeranschlüsse ("letzte Meile") ausgenommen. Neben der Zusammenschaltung können auch andere Formen des Zugangs erforderlich werden, insbesondere durch die Inanspruchnahme von Elementen der Telekommunikationsnetze, um damit eigene Dienstleistungen zu erbringen.
Rz. 31
Ein Beispiel dafür ist die Teilnehmeranschlussleitung (TAL), die flächendeckend nur von der Deutschen Telekom angeboten wird und auf deren Mitbenutzung Betreiber ohne eigene Teilnehmeranschlüsse angewiesen sind. Hierzu zählen:
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Breitbandzugang (Bitstream), |
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Zugang zum Wiederverkauf (Einkauf und Verkauf von "Gesprächsminuten" durch netzunabhängige Dienstanbieter; nennenswerter Resale-Markt bislang lediglich im Mobilfunk-Bereich), |
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Kollokation (Unterbringung von Einrichtungen in Räumlichkeiten eines marktmächtigen Betreibers und Zugang zu diesen Räumlichkeiten), |
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Roaming (Möglichkeit der Nutzung anderer Mobilfunknetze für die eigenen Endkunden). |
Rz. 32
In der Sache geht der Gesetzgeber, wie schon beim TKG 1996, vom Vorrang der vertraglichen Regelung von Zugang und Zusammenschaltung aus. Eine Anordnung durch die BNetzA darf nur erfolgen, "soweit und solange die Beteiligten keine Zugangs- oder Zusammenschaltungsvereinbarung treffen" (§ 35 Abs. 2 TKG).
Rz. 33
Es gibt zwei unterschiedliche Ausgangssituationen für eine Anordnung der BNetzA:
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Zugangsvereinbarung zwischen einem zugangsverpflichteten Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht und einem zugangssuchenden Diensteanbieter (§ 28 TKG) wird nicht abgeschlossen (scheitert); |
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Vereinbarung über Zugangsleistungen zwischen einem zur Zugangsgewährung verpflichteten Teilnehmernetzbetreiber und dem Betreiber eines anderen öffentlichen Telekommunikationsnetzes (§ 23 TKG) kommt ganz oder teilweise nicht zustande. |
Rz. 34
Hinweis
In beiden Fällen muss die Anrufung der BNetzA schriftlich oder elektronisch erfolgen und bedarf der Begründung (§ 35 Abs. 3 TKG). Da es keine allgemeine Zusammenschaltungspflicht wie nach § 36 TKG 1996 mehr gibt, hat das neue TKG insofern eine Lücke, als nur gegen Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht die Zusammenschaltung geregelt ist (§ 21 Abs. 1 TKG), während die Regelungen der §§ 16 ff. TKG 2004 (insbesondere § 18 TKG 2004), die Unternehmen ohne marktbeherrschende Stellung betreffen, eine Zusammenschaltung nicht vorsahen. Da auch für letztere Unternehmen aber eine solche Anordnung geboten sein kann, regelt § 22 TKG (2021) nunmehr den symmetrischen Zugang, sodass auch – allerdings nur in Ausnahmefällen, namentlich wenn dies hinsichtlich des festgestellten Wettbewerbsproblems gerechtfertigt und verhältnismäßig ist – Netzbetreiber ohne beträchtliche Marktmacht (auch im geförderten Bereich) zu offenen Netzzugängen zu verpflichten sind. In diesem Kontext spricht § 22 TKG von der "Zugangsverpflichtung bei Hindernissen der Replizierbarkeit", also beträchtlicher und anhaltender wirtschaftlicher oder physischer Hindernisse für eine Replizierbarkeit der Netzelemente.
Rz. 35
Beispiel
Potenzieller Adressat einer symmetrischen Regulierung kann ein Stadtwerk sein, das mit seinen Verteilernetzen über ein regionales Monopol verfügt, weil sich für Mitbewerber der Überbau bestehender Glasfaserinfrastrukturen nicht lohnt und Mobilfunkangebote keine vergleichbaren leistungsstarken Internetverbindungen gewähren.
Rz. 36
Die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen folgt aus § 26 TKG in einem nichtabschließenden Katalog von Faktoren, die bei der Ausübung des Auswahlermessens in Hinblick auf die Zugangsverpflichtung zu berücksichtigen sind. Die sog. Regelver...