Rz. 154

Auch bei dem Abbiegevorgang nach rechts spricht gegen den Abbiegenden der Anscheinsbeweis im Hinblick auf eine schuldhafte Verletzung der doppelten Rückschaupflicht. Darüber hinaus sind ggf. die erhöhten Sorgfaltsanforderungen des § 9 Abs. 5 StVO bei dem Abbiegen in ein Grundstück zu berücksichtigen.

 

Rz. 155

Kann der Rechtsabbieger den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis nicht widerlegen und wird ihm dazu nachgewiesen, dass er sich auch auf einen falschen Fahrstreifen eingeordnet hat, von dem aus er nicht abbiegen durfte, haftet der Rechtsabbieger aufgrund seines überragenden Fehlverhaltens alleine.[176] Kann der Rechtsabbieger in diesen Fällen aber nachweisen, dass er den Blinker rechtzeitig gesetzt hat, haftet der Überholende wegen des Überholens in einer unklaren Verkehrslage mit einer Quote, die gegenüber dem gewichtigeren Fehlverhalten des Abbiegenden regelmäßig mit 30 %[177] bzw. ⅓[178] zu veranschlagen ist. Ein Überholen in einer unklaren Verkehrslage ist auch dann gegeben, wenn ein nach rechts abbiegender Lkw vorher bauartbedingt nach links ausschwenkt[179] oder auf der linken Spur Fahrzeuge ohne ersichtlichen Grund warten.

[176] Vgl. dazu auch die Münchener Quotentabelle: Brüseken/Krumbholz/Thiermann, NZV 2000, 444.
[177] LG Göttingen, Urt. v. 19.2.2003 – 9 S 46/02 = VRS 105, 12.
[178] AG Freudenstadt, Urt. v. 26.1.1994 – 5 C 640/93 = SP 1994, 206.
[179] OLG Saarbrücken, Urt. v. 10.2.1979 – 3 U 60/77 – juris; AG Wiesbaden, Urt. v. 2.7.2007 – 92 C 6660/06 = SP 2007, 387; AG Hamburg-Harburg, Urt. v. 19.11.2007 – 646A C 219/07 = SVR 2008, 107.

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