Julia Roglmeier, Dr. Christopher Riedel
Rz. 18
Die gesetzliche Erbfolge tritt nur in Kraft, wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung errichtet hat. In der Regel kann eine Unternehmensnachfolge im Wege der gesetzlichen Erbfolge nicht optimal umgesetzt werden. Zu groß sind die mit der Entstehung einer Erbengemeinschaft und der anschließenden Auseinandersetzung verbundenen Schwierigkeiten. In den Fällen, in denen ein Unternehmen per gesetzlicher Erbfolge vererbt wird, droht zumeist die Zerschlagung der Vermögenswerte. Wer sich hierauf einlässt, riskiert erhebliche wirtschaftliche Verluste.
Rz. 19
Gleichwohl sollen im Folgenden die Grundlagen der gesetzlichen Erbfolge aufgezeigt werden. Sie bilden das Basiswissen einer jeden gestalterischen Nachfolgeplanung. Der juristische Berater muss dieses gesetzliche Instrumentarium beherrschen, um die Konsequenzen der angedachten Gestaltungsmodelle und Lösungsansätze bei der Unternehmensnachfolgeberatung und der für den Unternehmer optimalen gewillkürten Erbfolge vorhersehen zu können.
a) Verwandtenerbrecht
Rz. 20
Die gesetzliche Erbfolge ist geregelt in den §§ 1924 bis 1936 BGB. Danach sind zunächst der Ehegatte des Erblassers und dessen Abkömmlinge zu Erben berufen. Hat der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen, kommen – so sie denn den Erbfall erleben – auch entferntere Verwandte zum Zuge. Sind auch entferntere Verwandte nicht vorhanden oder haben alle in Frage kommenden gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen, fällt der Nachlass in letzter Konsequenz an den Staat, § 1936 BGB.
aa) Erben erster Ordnung
Rz. 21
Wer Erbe erster Ordnung ist, wird in § 1924 BGB geregelt. Danach sind die Abkömmlinge des Erblassers zu Erben berufen. Hat der Erblasser mehrere Kinder hinterlassen, erben diese zu gleichen Teilen, § 1924 Abs. 4 BGB. In § 1924 Abs. 2 BGB ist das sog. Repräsentationsprinzip verankert: solange ein Abkömmling den Erbfall erlebt, schließt er alle durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Er repräsentiert gleichsam seinen Stamm. Lebt ein Abkömmling zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr, treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (also Enkel, Urenkel etc.) an seine Stelle, § 1924 Abs. 3 BGB. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom sog. "Eintrittsprinzip". Innerhalb der Erben gilt dann insoweit eine Erbfolge nach Stämmen. Das bedeutet, dass die Abkömmlinge eines mit dem Erblasser in direkter Linie verwandten weggefallenen Abkömmlings jeweils einen Stamm bilden. Dieser Stamm tritt dann an die Stelle des Weggefallenen und die Erbquote wird nach der Anzahl der übrigen direkt erbenden Kinder oder Stämme ermittelt.
Hinterlässt der Weggefallene Abkömmlinge, erhöht sich die Quote der übrigen Geschwister entsprechend, § 1935 BGB.
Rz. 22
Nichteheliche Kinder stehen seit Inkrafttreten des Erbrechtsgleichstellungsgesetzes vom 16.12.1997 den ehelichen Abkömmlingen gleich. Ausnahmen gelten hier lediglich für nichteheliche Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren wurden.
Rz. 23
Adoptivkinder, die nach dem 1.1.1977 adoptiert wurden, sind den leiblichen Kindern gleichgestellt. Zu unterscheiden ist zwischen der Volljährigen- und der Minderjährigenadoption. Erfolgte die Adoption als Minderjähriger, erlöschen alle bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse zur Ursprungsfamilie und das Kind erlangt ein vollwertiges Erb- und Pflichtteilsrecht nach seiner Adoptivfamilie. Bei der Adoption Volljähriger wird das Verwandtschaftsverhältnis zu den Blutsverwandten grundsätzlich beibehalten, § 1770 Abs. 2 BGB. Gleichzeitig entsteht kein Erbrecht gegenüber den Verwandten des Annehmenden, § 1770 Abs. 1 BGB.
bb) Erben zweiter Ordnung
Rz. 24
§ 1925 BGB regelt die gesetzliche Erbfolge der Erben zweiter Ordnung. Danach sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge zu Erben berufen, wenn keine Erben erster Ordnung vorhanden sind. Innerhalb der Erben zweiter Ordnung sieht das Gesetz ebenfalls eine Rangfolge vor: Leben beide Eltern des Erblassers, so erben diese zu gleichen Teilen, § 1925 Abs. 2 BGB. Wie in § 1924 BGB schließen noch lebende Eltern ihre Abkömmlinge nach dem Repräsentationssystem von der Erbfolge aus. Hinterlässt der Erblasser weder Ehegatten noch Abkömmlinge und erlebt nur ein Elternteil den Erbfall, fällt der Nachlass zur Hälfte dem noch lebenden Elternteil und zur anderen Hälfte der Linie des vorverstorbenen Elternteils an (sog. Liniensystem). Leben weder Vater noch Mutter, so erbt die väterliche und die mütterliche Linie bzw. deren Abkömmlinge (Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge) jeweils nach Stämmen. Erlebt nur ein Elternteil den Erbfall und sind keine weiteren Abkömmlinge vorhanden, erbt der überlebende Elternteil allein, § 1925 Abs. 3 BGB.
cc) Erben dritter und entfernterer Ordnungen
Rz. 25
Nach § 1926 Abs. 1 BGB bilden die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge die Erben dritter Ordnung. Erben vierter Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1928 BGB. Ab der vier...