Rz. 22
Muster 4.3: Abrechnung der Erstberatungsgebühr
Muster 4.3: Abrechnung der Erstberatungsgebühr
_________________________ Rechtsschutzversicherungs-AG
_________________________ (Anschrift)
Schaden-Nr.: _________________________
_________________________ (Anrede),
in vorbezeichneter Angelegenheit komme ich zurück auf Ihr Schreiben vom _________________________ und kann mich mit der von Ihnen vorgenommenen Kürzung der Rechtsanwaltsgebühren auf der Basis einer streitwertabhängigen Berechnung nicht einverstanden erklären.
Die von Ihnen praktizierte Abrechnung nach dem Gegenstandswert in Höhe von hier 50 EUR ist seit der Neufassung des RVG zum 1.7.2006 obsolet. Für den Bereich der außergerichtlichen Beratung sieht der Gesetzgeber gerade keine Verknüpfung von Gegenstandswert und Rechtsanwaltshonorar mehr vor. Gemäß der §§ 34 RVG, 612 BGB haben Sie den Mandanten vielmehr von der üblichen Vergütung freizustellen. Diese bestimmt sich maßgeblich nach dem tatsächlichen Zeitaufwand der anwaltlichen Beratungstätigkeit. Die Durchschnittswerte der Stundensätze deutscher Rechtsanwälte liegen dabei zzt. zwischen 150 bis 300 EUR (Hommerich/Kilian: Stundensätze der deutschen Anwaltschaft – Das Vergütungsbarometer des Soldan-Instituts 2009, AnwBl 2009, 518 u. 541 ff.). Da ich den Mandanten auftragsgemäß rund eine Stunde zum Gegenstand seines Anliegens beraten habe, ist die von mir in Ansatz gebrachte Stundenvergütung in Höhe von 190 EUR zzgl. Mehrwertsteuer üblich1 und angemessen.2
Insoweit darf ich Sie höflich auffordern, Ihren Versicherungsnehmer von den Rechtsanwaltsgebühren vollumfänglich freizustellen und den noch offenen Betrag (unter Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung)3 in Höhe von _________________________ bis spätestens zum _________________________ auf mein im Briefkopf genanntes Konto zu überweisen.
Mit freundlichen Grüßen
(Rechtsanwalt)
Rz. 23
Erläuterungen der Fußnoten in Muster 4.3
Fußnote 1
Die Üblichkeit des anwaltlichen Stundenhonorars kann von unterschiedlichen Umständen abhängen, so vor allem ob der Anwalt in einer kleineren oder größeren Stadt tätig ist, um welches Rechtsgebiet oder welche Branche es sich handelt und ob der Mandant Privatperson oder Unternehmer ist usw.
Rz. 24
Ist die Ermittlung einer "üblichen Vergütung" nicht möglich, so soll nach überwiegender Auffassung die Vergütungsbestimmung des Rechtsanwalts nach den §§ 315, 316 BGB erfolgen (Hartung/Römermann/Schons, § 34 Rn 77; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil 8 Rn 74). Dabei hat der Rechtsanwalt regelmäßig die Bedeutung der geschuldeten Beratungstätigkeit und den wirtschaftlichen Wert für den Auftraggeber nach billigem Ermessen zu berücksichtigen, wobei Schwierigkeit, Ungewöhnlichkeit oder Dauer der verlangten Tätigkeit in die Abwägung einzubeziehen sind (AG Brühl Urt. v. 15.10.2008 – 23 C 171/08, AGS 2008, 589).
Rz. 25
Fußnote 2
In jedem Fall sollte m.E. der Wert der anwaltlichen Beratung nicht durch einen etwaigen Honorarverzicht gegenüber dem Rechtsschutzversicherer bzw. der Mandantschaft herabgewürdigt werden. Gerade in Zeiten, in denen – nach eigenen Erfahrungen des Autors – der technische Kundendienst eines bekannten Druckgeräteherstellers selbst für einfache Wartungsarbeiten einen Netto-Stundenlohn von 125 EUR zuzüglich 85 EUR Anfahrtspauschale innerhalb Berlins ansetzt, sollte es zum Selbstverständnis der Anwaltschaft gehören, sich die anwaltliche Beratung und Tätigkeit angemessen honorieren zu lassen.
Rz. 26
Fußnote 3
Aus Verbrauchersicht zu begrüßen ist schließlich die in der täglichen Praxis mitunter zu beobachtende Praxis der RSV, auf die Anrechnung einer Selbstbeteiligung zu verzichten, wenn die Erstberatung zur Erledigung des Rechtsschutzfalles führt. Nicht selten ist dies auch konkret in den neueren ARB so ausgestaltet (vgl. Sieben bieten "gute" Hilfe, Finanztest, 8/2009, 13 ff.).