Philipp Schlemmer, Dr. Gabriele Bruchmann
I. Einleitung
Rz. 62
Mit dem am 1.1.2009 in Kraft Bauforderungssicherungsgesetz "FoSiG" wurde § 648a BGB a.F. in den Abs. 1, 5 und 6 neu gefasst. Diese Neufassung ist nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 19 EGBGB auf solche Verträge anwendbar, die nach dem 1.1.2009 geschlossen worden sind. Für ältere Verträge, die noch vor dem 1.1.2009 abgeschlossen wurden, bleibt es bei der bisherigen Fassung des Gesetzes, dies auch, soweit es zu späteren Zusatzaufträgen kommt.
Rz. 63
Mit dem BauVG wurde der bisherige § 648a BGB a.F. aus systematischen Gründen in Kapitel 2 (Bauvertrag, §§ 650a ff. BGB) zu Untertitel 1 (Werkvertrag), dort als neuer § 650f BGB, übernommen. Aufgrund der Definition des Bauvertrages in § 650a BGB mussten geringfügige redaktionelle Änderungen an § 650f BGB vorgenommen werden.
Neu formuliert wurde nur die Ausnahmefallregelung in Abs. 6 (sog. Verbraucherprivileg). Ein Anspruch auf Sicherheit zugunsten des Unternehmers besteht demnach nicht, wenn der Besteller Verbraucher ist und dieser einen Verbraucherbauvertrag oder einen Bauträgervertrag schließt.
Der Verbraucherbauvertrag ist ein Vertrag, durch den der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird (§ 650i BGB). Ein Bauträgervertrag ist ein Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen (§ 650u BGB).
Im Unterschied zur Rechtslage bis zum 31.12.2017 ist damit der Bau aller Gebäude (auch der Bau eines Mehrfamilienhauses) privilegiert, sofern der Vertragspartner ein Verbraucher ist. Nicht mehr von der Privilegierung erfasst sind zukünftig kleinere Umbaumaßnahmen, da diese nicht zu einem Verbraucherbauvertrag nach § 650i Abs. 1 BGB führen. Ebenfalls nicht privilegiert sind Architektenverträge, die mit einem Verbraucher geschlossen wurden, da der Architektenvertrag kein Verbraucherbauvertrag ist. Auch handelt es sich bei den Regelungen der §§ 650p ff. BGB nicht um dem Verbraucherbauvertrag entsprechende Normen im Architektenrecht, was zu einer analogen Privilegierung führen würde.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Bedeutung
Rz. 64
Mit der Einführung des § 648a BGB a.F. (jetzt § 650f BGB) durch das Bauhandwerkersicherungsgesetz vom 27.4.1993 sollte die nur unzulänglich durch § 648 BGB a.F. (jetzt § 650e BGB) gewährleistete Absicherung des zur Vorleistung verpflichteten Unternehmers verbessert werden. Aufgrund der oft mangelnden Identität zwischen Besteller und Grundstückseigentümer sowie einer meist nur nachrangigen Sicherungsmöglichkeit knüpft der § 650f BGB nicht mehr an das Grundstück an, sondern an die Finanzierung des Bestellers (Fremd- oder Eigenkapitalfinanzierung). Da davon auszugehen ist, dass der Besteller nur bei vorhandener Finanzierung einen Bauauftrag erteilt, wäre der Besteller auch in der Lage, zur Absicherung des Unternehmers anstelle eines Finanzierungsnachweises eine Sicherheit über die Werklohnforderung des Unternehmers auszustellen.
2. Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 65
Folgende Voraussetzungen werden an den Anspruch gestellt:
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Anspruchsteller ist ein Unternehmer, der einen Bauvertrag i.S.d. § 650a Abs. 1 BGB abschließt Anspruchsgegner ist Besteller (werkvertragliche Beziehung zwischen Unternehmer und Besteller); Besteller braucht nicht Grundstückseigentümer zu sein |
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Besteller darf kein öffentlicher Auftraggeber sein, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist, oder ein Verbraucher, der einen Verbraucherbauvertrag (§ 650i BGB) oder einen Bauträgervertag (§ 650u BGB) abschließt |
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Absicherung für noch zu erbringende (künftige, d.h. erst noch zu verdienende) sowie bereits erbrachte Bauleistungen; Abnahme der Bauleistung und Fälligkeit der Vergütung sind nicht erforderlich |
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Anspruchsteller fordert Besteller zur Sicherheitsleistung binnen angemessener Frist auf |
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Keine Reduzierung des Sicherungsanspruchs durch Mängel |
3. Änderungen durch das FoSiG
Rz. 66
Durch das FoSiG haben sich folgende Änderungen ergeben:
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Einklagbarer Anspruch auf Sicherheit, nicht nur Recht auf Sicherheit; bereits mit Vertragsabschluss entstanden |
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Einmalige Fristsetzung zur Sicherheitsleistung ohne Nachfrist und Warnung (Ankündigungserfordernis für die Leistungsverweigerung entfällt) |
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Sicherheit nicht nur für Vergütungsansprüche zzgl. 10 % Nebenforderungen, sondern für alle geldwerten Ansprüche, die an die Stelle der Vergütung treten |
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Durch Erfüllungsansprüche des Bestellers ist Anspruch des Unternehmers nicht ausgeschlossen: Aufrechenbarkeit nur bei unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Geg... |