Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 198
Die Tätigkeit des Verletzten bei dem Betrieb des Kfz oder des Anhängers befreit den Halter ebenfalls von der Gefährdungshaftung. Nach der in § 8 Nr. 2 StVG getroffenen Regelung gelten die Vorschriften der §§ 7, 18 StVG nicht, wenn der Verletzte u.a. bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war. § 8 Nr. 2 StVG erfasst Personen, die durch die unmittelbare Beziehung ihrer Tätigkeit zum Betrieb des Kraftfahrzeugs den von ihm ausgehenden besonderen Gefahren stärker ausgesetzt sind als die Allgemeinheit, auch wenn sie nur aus Gefälligkeit beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig geworden sind.
Rz. 199
Der Haftungsausschluss hinsichtlich der beim Betrieb tätigen Personen umfasst außer dem Fahrer jeden, der mit dem Waschen, Tanken, Reparieren, Entladen usw. beschäftigt ist. Dazu sollten nach der Entscheidung des Reichsgerichts nur diejenigen Personen gehören, die im Dienste des Halters standen und ihm gegenüber eine Pflicht erfüllten. Dieses Kriterium genügt indessen nicht zur Abgrenzung des Personenkreises nach § 8 Nr. 2 StVG. Vielmehr besteht der gesetzgeberische Grund für den Haftungsausschluss aus § 8 Nr. 2 StVG darin, dass der bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs Tätige dieses besonderen Schutzes nicht bedarf, weil er durch seine Tätigkeit ohnehin den besonderen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebes ausgesetzt ist. Daraus zieht der BGH die Folgerung, dass es nicht auf ein Dienstverhältnis ankomme, sondern dass auch ein freiwilliger Helfer beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig sein kann: Der Sinn und Zweck des gesetzlichen Haftungsausschlusses besteht darin, dass der erhöhte Schutz des Gesetzes demjenigen nicht zuteilwerden soll, der sich durch seine Tätigkeit den besonderen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebs freiwillig aussetzt. Allerdings setzt die Tätigkeit bei dem Betrieb eines Kfz im Allgemeinen eine gewisse Dauer voraus, wie sie beispielsweise der Fahrer im Verkehr ausübt. Fehlt es an einer Dauerbeziehung, wie es bei gelegentlichen Hilfeleistungen an dem Betriebe unbeteiligter Personen der Fall ist, kann eine den Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG herbeiführende Tätigkeit nur angenommen werden, wenn sie in einer so nahen und unmittelbaren Beziehung zu den Triebkräften des Kfz steht, dass der Tätige nach der Art seiner Tätigkeit den besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs mehr ausgesetzt ist als die Allgemeinheit. Das kann aber nicht bei Personen gelten, die lediglich als Passanten durch Winkzeichen dem Kraftfahrer Hilfeleistungen gewähren. Auch wenn der Fahrer aus dem Wagen heraus einen am Bürgersteig stehenden Passanten nach dem Weg befragt, ist dieser noch nicht "beim Betrieb" des Kraftfahrzeugs tätig. Erfolgt dagegen eine technische Hilfeleistung durch den Passanten auf ausdrückliche Anforderung des Fahrers, so gilt der Passant als beim Betrieb tätig und fällt unter § 8 Nr. 2 StVG.
Rz. 200
Auch dann, wenn es sich nur um eine kurzfristige technische Hilfeleistung handelt, setzt sich der Helfer freiwillig den besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs aus, so dass er sich im Fall einer hierbei erlittenen Schädigung nicht auf die Gefährdungshaftung berufen kann.
Rz. 201
Beim Betrieb tätig ist insbesondere der Fahrer des Fahrzeugs, auch der Fahrschüler, unter Umständen auch der Beifahrer. Der Fahrer ist deshalb nicht auch zugleich "beförderte Person" i.S.d. § 8a StVG. Umgekehrt ist nicht beim Betrieb des Fahrzeugs tätig, wer lediglich befördert wird. "Verletzter" i.S.d. § 8 StVG ist auch der Eigentümer oder Besitzer einer beschädigten Sache.
Rz. 202
Die "Tätigkeit beim Betrieb" setzt ferner voraus, dass der Geschädigte durch eigene Tätigkeit selbst den besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs ausgesetzt ist; es genügt nicht, dass er die Betriebstätigkeit eines Dritten lediglich veranlasst hat und hierdurch eigenen Schaden erleidet. Als Ausnahmevorschrift ist § 8 Nr. 2 StVG insoweit eng auszulegen.
Rz. 203
Als beim Betriebe tätig gilt jeder, der bewusst eine Sache in den Bereich des Fahrzeugbetriebes hineinbringt, um dem Betrieb zu dienen. Auch unbefugt bei dem Betrieb tätige Personen fallen unter § 8 Nr. 2 StVG, anders als im Falle des § 7 Abs. 2 StVG a.F., der für das Merkmal eines "bei dem Betrieb beschäftigten Dritten" die Einwilligung des Halters oder seines Vertreters (zumindest aber eine Duldung) mit der betreffenden Tätigkeit vorausgesetzt hatte. Der Grund der Tätigkeit beim Betrieb ist gleichgültig. Auch wenn die Betätigung gegen ein ausdrückliches Verbot des Halters erfolgt, findet § 8 Nr. 2 StVG Anwendung. Ebenso findet er Anwendung auf diejenigen Personen, die kraft eigenen Rechtes, wie z.B. Polizeibeamte, Feuerwehrleute, Gerichtsvollzieher usw., sich mit dem Auto befassen und durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs zu Schaden kommen. Dabei muss der Betriebsbegriff des § 7 StVG wiederum in dem weiten Sinne der verkehrsrechtlichen Theorie des BGH ausgelegt werden. Der sich am Fluchtauto festhaltende oder mitfahrende Polizist, der den ...