Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 117
Die Haftung des Halters für Unfälle beim Betrieb scheidet nach Abs. 3 S. 1 aus, wenn jemand an seiner Stelle ohne Wissen und Willen benutzt. Eine Schwarzfahrt in diesem Sinne liegt vor, wenn mit dem Fahrzeug eine Fahrt gegen den ausdrücklichen oder auch stillschweigenden Willen des Halters oder desjenigen gemacht wird, der an seiner Stelle das Recht hat, über die Benutzung des Kfz zu bestimmen. Geringfügige Abweichungen, insbesondere Umwege, fallen hierbei nicht ins Gewicht. Das – ausdrückliche oder stillschweigende – Einverständnis des Halters oder auch seines Vertreters steht der Annahme einer Schwarzfahrt entgegen, wobei es unerheblich ist, ob dieses Einverständnis vor oder erst nach einem Unfall erklärt wird.
Rz. 118
Unbefugte Benutzung des Kraftfahrzeugs i.S.d. Schwarzfahrt liegt vor, wenn mit dem Fahrzeug eine Fahrt gegen den ausdrücklichen oder stillschweigenden Willen des Halters oder eine von ihm erlaubte Fahrt zu anderer als der befohlenen Zeit oder von einer anderen Person ausgeführt wird. Dass das Handeln gegen den Willen des Halters wesentliches Begriffsmerkmal der Schwarzfahrt ist, ergibt sich auch aus § 248b StGB. Schwarzfahrer ist danach, wer sich eigenmächtig gegen den Willen des Halters in den Besitz eines Fahrzeuges setzt oder wer unter Begehung eines Vertrauensmissbrauchs eine Fahrt unternimmt, die aus dem Rahmen des erteilten Auftrages oder der eingeräumten Ermächtigung völlig herausfällt. Daraus folgt zunächst, dass nicht jeder Verstoß gegen den Willen des Halters die Fahrt zur Schwarzfahrt macht, z.B. zu hohe Geschwindigkeit, bei mehreren Wagen Wahl des falschen Wagens, Mitnehmen dritter Personen usw. In örtlicher Beziehung kann bereits bei einem Umweg trotz Einhaltung des vorgeschriebenen Zieles eine Schwarzfahrt vorliegen, ebenso bei Anschluss an eine erlaubte Fahrt. Andererseits wird die Fahrt noch nicht dadurch zur Schwarzfahrt, dass in geringfügigen Einzelheiten, die sich aus der Beschaffenheit der Straße, aus Witterungsverhältnissen usw. ergeben, von den Anordnungen des Halters abgewichen wird. Es ist vielmehr stets zu fragen, ob der Halter bei verständiger Würdigung der gegebenen Umstände mit der Abweichung von seinen Anweisungen einverstanden gewesen wäre bzw. ob der Umweg noch im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Willen des Halters gebracht werden kann. Ein Fahrer, der beauftragt ist, einen beladenen Lkw nach Dienstschluss aufzutanken, mit nach Hause zu nehmen und am anderen Morgen in einen weit entfernten Ort zu fahren, wird nicht dadurch zum Schwarzfahrer, dass er ohne Wissen seines Dienstherrn nach dem Tanken – wie schon vorher geplant – die kurze Wegstrecke von der Tankstelle zum Betrieb zurückfährt, dort im Kollegenkreis Bier trinkt und gegen Abend mit dem Lkw nach Hause fährt.
Rz. 119
Als Schwarzfahrer ist nur derjenige anzusehen, der die tatsächliche Gewalt über den Wagen ausübt. Davon ist beim Mitfahrer regelmäßig nicht auszugehen, es sei denn, ihm kommt eine dem Halter vergleichbare Verfügungsmacht zu. Denkbar ist jedoch, dass mehrere Personen gemeinsam den Wagen benutzen und sich am Steuer abwechseln; in diesen Fällen können beide als Schwarzfahrer angesehen werden, ohne dass es darauf ankommt, wer gerade im Augenblick des Unfalles am Steuer gesessen hat. Die Frage der tatsächlichen Verfügungsgewalt und der Benutzung des Fahrzeugs ist in Analogie zu den Grundsätzen für die Haltereigenschaft zu beurteilen. Hat der Fahrgast einen anderen erst dazu veranlasst, das Fahrzeug unbefugt zu benutzen, so ist auch er aufgrund dessen Schwarzfahrer, obwohl er das Fahrzeug nicht selbst fährt.
Rz. 120
Befördert ein Taxifahrer einen Fahrgast ohne Einstellung des Taxameters und lässt sich dann das Fahrgeld geben, um es rechtswidrig für sich zu verwenden, so liegt darin eine Schwarzfahrt. Eine Schwarzfahrt liegt ferner vor, wenn der angestellte Kraftfahrer einen nicht zum Fahren ermächtigten Mitfahrer ans Steuer lässt und dadurch die Leitung der Fahrt und die Verantwortung für die Fahrweise aus der Hand gibt.
Rz. 121
Ist der Fahrer selbst zur Benutzung des Fahrzeugs nicht ermächtigt, so ändert es an dem Charakter der Schwarzfahrt nichts, wenn er seinerseits einen anderen mit der Führung des Wagens beauftragt. Die Überlassung des Steuers durch den angestellten Fahrer an den Monteur der Werkstatt ist erlaubt. Die Fahrt mit einem Kundenfahrzeug zum Zwecke der technischen Überprüfung ist auch dann keine Schwarzfahrt, wenn mit ihr geschäftliche oder persönliche Dinge verbunden werden. Anders, wenn der Hauptzweck in der Erledigung der privaten Angelegenheiten liegt. Eine Schwarzfahrt liegt nicht vor, wenn der Halter die Vornahme einer Fahrt nachträglich billigt. Bei der Feststellung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Halters ist bis zum gewissen Grad ein objektiver Maßstab anzulegen. Es kommt zwar nicht darauf an, was ein verständiger Halter getan haben würde, sondern auf den Willen des bestimmten in Betrac...