Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 130
Die Haltereigenschaft bleibt nach § 7 Abs. 3 S. 2 StVG des Weiteren bestehen, wenn dem "Benutzer" (Schwarzfahrer) das Fahrzeug vom Halter überlassen worden ist. Mit dieser durch Gesetz vom 7.11.1939 in § 7 StVG eingeführten Vorschrift sollte der Haftpflichtschutz der Verkehrsopfer verstärkt werden. Der Gesetzgeber, der durch das gleiche Gesetz die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeuge einführte, war der Auffassung, dem durch diese Versicherung geschützten Halter könne die Belastung mit dem Risiko eines Vertrauensbruchs durch die Vertrauensperson zugemutet werden. Deshalb haftet der Halter auch für Schwarzfahrten solcher Personen, denen er das Fahrzeug zur Nutzung überlassen hat, da er das Risiko der zuverlässigen Auswahl zu tragen hat. Dies gilt namentlich auch beim sog. Exzess des befugten Benutzers; missbraucht die Person, der die Führung des Kfz ermöglicht wird, das Vertrauen des Halters, haftet dieser dem Geschädigten nach § 7 Abs. 1 StVG.
Rz. 131
Allerdings bleibt darauf hinzuweisen, dass § 7 Abs. 3 S. 2 StVG das Bestehen der Halterhaftung voraussetzt. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass Bestimmung die Befreiung des Halters von seiner Haftung nach Abs. 3 S. 1 "für die Fälle, in denen sich der Schwarzfahrer eigenmächtig in den Besitz des Fahrzeugs gesetzt und der Halter das nicht verschuldet hat, rückgängig (macht). Für eine solche Haftungsbefreiung besteht kein Anlass, wenn der Halter für die Auswahl der Person, der er das Fahrzeug anvertraut, verantwortlich ist. Verbleibt es für diese Fälle daher bei der Haftung des Halters gemäß § 7 Abs. 1 StVG, geht die Haftung aus § 7 Abs. 3 S. 2 StVG nicht weiter als jene und setzt damit in gleicher Weise das (Fort-)Bestehen der Haltereigenschaft zur Begründung der Haftung voraus".
Rz. 132
Damit wird auch die funktionale Bedeutung des § 7 Abs. 3 S. 2 StVG deutlich: im Verhältnis zu S. 1, der zur Ersetzung der Halterhaftung führt, weil das Fahrzeug "ohne Wissen und Wollen" des Halters benutzt wird, legt die Bestimmung das (Fort-) Bestehen der Halterstellung und damit der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG fest. Dies ist gerade wegen der durch die Überlassung eingeräumten Benutzungsmöglichkeit folgerichtig. Deshalb erweist sich die Feststellung als zutreffend, dass die Haftung aus § 7 Abs. 3 S. 2 StVG nicht weiter als jene aus der Gefährdungshaftung nach Abs. 1 gehen kann. Endet daher die Haltereigenschaft, kann eine Haftung des Halters auch nicht über Abs. 3 S. 2 hergeleitet werden.
Rz. 133
Überlassung des Fahrzeugs bedeutet die Einräumung der tatsächlichen Benutzungsmöglichkeit durch den Halter an denjenigen, dem er den Wagen anvertrauen will, ohne dass dieser Halter wird. Darunter fällt nicht nur ein Freund oder ein Verwandter des Halters, sondern auch der Mieter des Kraftwagens, und zwar selbst dann, wenn bei der Überlassung des Fahrzeugs Bestimmungen über die Führung des Wagens durch einen angestellten Kraftfahrer getroffen werden. Auch in diesen Fällen muss der Vermieter davon ausgehen, dass er dem Mieter die Verfügungsgewalt überträgt und dass er keinen Einfluss darauf hat, welchen Personen der Mieter seinerseits die Benutzung des Wagens ermöglicht.
Rz. 134
Den Gebrauch des Kraftfahrzeugs kann nur derjenige gestatten, dessen Sachherrschaft am Fahrzeug der des Fahrers übergeordnet ist. Die Überlassung des Fahrzeugs an den Monteur der Werkstatt bzw. an den Inhaber der Werkstatt, der dann durch seine Monteure Probefahrten durchführen lässt, stellt stets eine Überlassung i.S.d. § 7 Abs. 3 StVG dar. Anders, wenn das Kraftfahrzeug einem Händler zum Verkauf übergeben und dort unbefugt von einem Dritten benutzt wird.
Rz. 135
Für die Haftung im Innenverhältnis zwischen Halter und Vertrauensperson spielt eine Rolle, dass es grundsätzlich nicht erlaubt ist, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiterzuvermieten (§ 540 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Gleiche gilt auch für die Leihe (§ 603 S. 2 BGB). Es kommt auf die ausdrücklichen Vereinbarungen im Mietvertrag an, ob die Überlassung des Steuers auch für einzelne Fahrten unzulässig oder ob sie erlaubt ist. Die Überlassung an den Mieter bedeutet wohl regelmäßig gleichzeitig eine Genehmigung einer von ihm veranlassten Fahrt durch eine dritte Person. Gleichwohl ist in den einschlägigen Mietverträgen die Gebrauchsüberlassung durch den Mieter üblicherweise ausdrücklich ausgeschlossen.
Rz. 136
Für die Haftung des Halters im Außenverhältnis gegenüber dem Unfallgeschädigten sind diese Fragen von untergeordneter Bedeutung: Wenn der Halter die Weitergabe des Fahrzeugs durch die Vertrauensperson an einen Dritten (ausdrücklich oder konkludent) gestattet hat, liegt in der Unfallfahrt schon begrifflich keine "Schwarzfahrt", so dass die Halterhaftung aus § 7 Abs. 1 StVG unmittelbar besteht. Abs. 3 S. 1 ist dann per se nicht anwendbar. Geschieht aber die Weitergabe des Fahrzeugs an den Dritten durch die Vertrauensperson unbefugt, so kann sich...