Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 19
Ein Anhänger ist tatbestandlich kein Kraftfahrzeug, weil er nicht, wie in § 1 Abs. 2 StVG gefordert, durch Maschinenkraft bewegt wird. Nach der bis zum 31.7.2002 geltenden Rechtslage traf die Gefährdungshaftung für durch den Anhänger verursachte Unfälle nur den Halter des mit ihm verbundenen Kraftfahrzeugs. Weil das Benutzen von Anhängern häufig die vom Gespann ausgehende Betriebsgefahr erhöht, was schwere Unfälle unter Beteiligung von LKW- und Wohnwagengespannen belegen, und weil Unfallgeschädigten oftmals nur das Kennzeichen des Anhängers und nicht auch das des Zugfahrzeugs bekannt ist, erstreckte der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 mit Wirkung vom 1.8.2002 die Gefährdungshaftung auch auf den Halter eines Anhängers, die neben die Haftung des Halters des Zugfahrzeugs tritt. Der Empfehlung des Rechtsausschusses folgend dehnte der Gesetzgeber die Halterhaftung auf Fälle sich vom Zugfahrzeug lösender und abgestellter Anhänger aus. Deswegen wurde es notwendig, die Halterhaftung ausdrücklich auf solche Anhänger zu begrenzen, die dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden. Entscheidend ist somit die generelle Zweckbestimmung und nicht die Benutzung im Einzelfall. Insoweit hat die Einführung der selbstständigen Gefährdungshaftung für Anhänger in § 7 Abs. 1 StVG und die entsprechende Ergänzung in § 17 StVG die Position der Geschädigten im Außenverhältnis verbessert; im Hinblick auf das Innenverhältnis zwischen dem Halter eines Kraftfahrzeugs und demjenigen des angekoppelten Anhängers, die eine Betriebseinheit bilden, sollte aber keine Änderung der bisherigen Rechtslage herbeigeführt werden.
Rz. 20
Abgesehen von dem Erfordernis, dass ein Anhänger bestimmt sein muss, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, enthält das StVG keine nähere Definition. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Normzwecke kann auf die Definition des § 2 Nr. 2 FZV nur eingeschränkt zurückgegriffen werden. Anhänger sind alle Fahrzeuge, die dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden. Ob das angehängte Fahrzeug zulassungspflichtig ist und ob es zugelassen ist, ist unerheblich. Erforderlich ist allein, dass das Fahrzeug von seiner Bauart, von seinem Zweck und seinem Wesen her dazu dienen soll, als Transportmittel von einem Kraftfahrzeug gezogen zu werden. Keine Anhänger sind hinter einem Kraftfahrzeug mitgeführte betriebsunfähige Fahrzeuge, die abgeschleppt werden, und Abschleppachsen, die dazu bestimmt sind, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden. Die Gefährdungshaftung trifft in diesen Fällen also nur den Halter des schleppenden Fahrzeugs.
Rz. 21
Wird der Anhänger selbst durch das ziehende Kraftfahrzeug beschädigt, haftet der Halter nicht aus § 7 StVG gegenüber dem Eigentümer des Anhängers. Denn als Bestandteil des Kraftfahrzeugs ist er ebenso zu betrachten, als ob ein Teil der Ladung beschädigt worden wäre. Deshalb braucht der Halter auch nicht für Schäden aufzukommen, die während der Fahrt an einem geliehenen Hänger auftreten. Maßgebend ist, dass die für das Zugfahrzeug statuierte Gefährdungshaftung sich zumindest im Regelfall nicht auf Schäden erstrecken soll, die an dem von ihm gezogenen Anhänger entstanden sind, weil dieser während der Fahrt Teil des Gefährtes ist, von dem die Gefahr ausgeht.
Rz. 22
Das schleppende Fahrzeug bildet mit dem zu transportierenden Anhänger, solange der Transportvorgang dauert, eine Betriebseinheit mit der Folge, dass für einen beim Betrieb entstandenen Schaden nur der Halter und der Fahrer des schleppenden Fahrzeugs aus dem Straßenverkehrsgesetz haftet. Nach früherer Rechtsprechung blieb die Betriebseinheit nur in den Fällen bestehen, in denen der Anhänger zu einem vorübergehenden Zweck abgekoppelt wurde, etwa während des Wendens oder während der Lastwagen von zwei Anhängern zunächst den einen den Berg heraufschleppt und den anderen solange unten stehen lässt. Nach der verkehrstechnischen Auffassung bleibt die Betriebseinheit dagegen auch in den Fällen bestehen, in denen der Anhänger vom Motorwagen auf längere Zeit abgehängt wird, soweit eine endgültige Trennung von dem Lastzug nicht erfolgt und der Anhänger sich noch im Verkehrsraum befindet. Auf die Dauer der Trennung kommt es nicht an. Gleichgültig ist, ob der Anhänger auf einer öffentlichen Straße steht oder nicht. Entscheidend ist, ob die Verbringung des Anhängers von der Fahrbahn es deutlich macht, dass er damit aus dem Verkehr gezogen sein sollte. Ist der Lastzug daher schon vor der Abkoppelung des Anhängers auf einer unwichtigen Nebenstraße gefahren, so ändert sich durch das Stehenlassen des Anhängers auf dieser Straße nichts an der Fortdauer der Betriebsgefahr. Wesentlich bleibt immer, ob in absehbarer Zeit die Fahrt mit dem Anhänger durch Wiederankoppeln an den Motorwagen fortgesetzt werden soll. Eine Betriebsgefahr besteht auch, wenn der Unfall ...