Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 271
Der Umfang des Schadensersatzes bestimmt sich, soweit sich aus §§ 9 ff. StVG nicht Abweichendes ergibt, nach §§ 249 ff. BGB. Während vor dem 2. SchadÄndG die Rechtsfolge einer nach dem StVG begründeten Haftung nur auf den Ersatz von materiellen Schäden gerichtet war, kann seither nach Maßgabe des § 253 Abs. 2 BGB auch Schmerzensgeld verlangt werden.
Rz. 272
Die durch das StVG begründete Haftung lässt gemäß § 16 StVG die Verantwortlichkeit nach anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere die Haftung nach §§ 823 ff. BGB unberührt. Das gilt nicht nur für die Haftung des Halters nach § 7 Abs. 1 StVG, sondern auch, wie durch die Verweisung in § 18 Abs. 2 StVG auf § 16 StVG klargestellt wird, für die Haftung des Fahrers. Auch die Verantwortlichkeit der öffentlichen Hand gemäß § 839 BGB (Art. 34 GG) wegen einer Amtspflichtverletzung durch einen beamteten Kraftfahrer bleibt unberührt (vgl. dazu oben § 2 Rdn 921). Nachdem auch die Haftung nach dem StVG Schmerzensgeldansprüche auslösen kann, verbleibt für die Haftung nach §§ 823 ff. BGB nur noch eine vergleichsweise geringe praktische Bedeutung.
Rz. 273
Gemäß § 12 StVG und § 12a StVG ist die Haftung auf die dort genannten Höchstbeträge beschränkt. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StVG haftet der Ersatzpflichtige im Fall der Tötung oder Verletzung eines oder mehrerer Menschen durch dasselbe Schadensereignis bis zu einem Betrag von fünf Millionen EUR. Bei der Sachbeschädigung beträgt die Höchstgrenze für ein Schadensereignis bei einem oder mehreren Geschädigten eine Million EUR. Die Höchstbeträge sind zuletzt durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 10.12.2007 mit Wirkung vom 18.12.2007 erhöht worden. Die früher geltenden individuellen Haftungshöchstgrenzen sind entfallen. Dadurch wurde die Richtlinie 2005/14/EG (5. KH-Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt (BT-Drucks 16/5551, S. 18). Die Anhebung wurde notwendig, weil nach der Rechtsprechung des EuGH die Haftungshöchstbeträge eines Systems der Gefährdungshaftung nicht hinter den in der Richtlinie vorgesehenen Haftungshöchstgrenzen zurückbleiben dürfen, auch wenn die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, eine Gefährdungshaftung zu schaffen. Für die Beförderung gefährlicher Güter wurde der in § 12a StVG vorgesehene Höchstbetrag für Personen und Sachschäden jeweils auf insgesamt 10 Millionen EUR angehoben. Mit der Erhöhung auf 10 Millionen EUR wollte der Gesetzgeber im Hinblick auf die deutlich größere Gefährlichkeit von Gefahrguttransporten ein Missverhältnis zu den angehobenen Haftungshöchstbeträgen nach § 12 StVG vermeiden.
Rz. 274
Die Schadensersatzansprüche nach dem StVG unterliegen nicht nur der Verjährung (§ 14 StVG), sondern gemäß § 15 StVG auch der Verwirkung. Gemäß § 15 S. 1 StVG verliert der Geschädigte seine Ansprüche, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem er vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erhalten hat, dem Ersatzpflichtigen den Unfall anzeigt. Diese Umstände, für die der Ersatzpflichtige die Beweislast trägt, führen zum Rechtsverlust, der von Amts wegen zu beachten ist. Hierdurch soll dem Ersatzpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden, Beweismittel zu sichern. Gemäß § 15 S. 2 StVG tritt der Rechtsverlust nicht ein, wenn die Anzeige infolge eines vom Ersatzberechtigten nicht zu vertretenden Umstands unterbleibt oder der Ersatzpflichtige innerhalb der Frist auf andere Weise von dem Unfall Kenntnis erlangt hat, was jeweils zur Beweislast des Ersatzberechtigten steht.