Rz. 34
Zitat
BGB §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1
a) |
Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. |
b) |
Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden. |
a) Der Fall
Rz. 35
Der Kläger nahm die Beklagten auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall vom 3.7.2007 in Anspruch, bei dem sein Fahrzeug, ein zum Unfallzeitpunkt mehr als zehn Jahre alter Audi Quattro mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt wurde. Die Haftung des Beklagten zu 1 als Fahrer des anderen unfallbeteiligten Fahrzeugs und der Beklagten zu 2 als Haftpflichtversicherer stand dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien stritten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Reparaturwerkstatt verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt erstattet verlangen kann.
Rz. 36
Die Beklagte zu 2 legte ihrer Schadensberechnung die günstigeren Stundenverrechnungssätze der von ihr benannten Reparaturwerkstatt zugrunde und kürzte deshalb die im Sachverständigengutachten ausgewiesenen Reparaturkosten um insgesamt 670 EUR. Dieser Differenzbetrag nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten waren Gegenstand der Klage.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 37
Die Revision hatte Erfolg.
Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 20.10.2009 (VI ZR 53/09, VersR 2010, 225, VersR 2010, 225) und vom 23.2.2010 (VI ZR 91/09, VersR 2010, 923) grundsätzlich Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann.
Rz. 38
Mit diesen Grundsätzen stand das Berufungsurteil nicht im Einklang. Zwar entsprach die Reparatur in der von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Reparaturwerkstatt M. nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt. Nach den bisherigen Feststellungen erschien es aber nicht ausgeschlossen, dass es dem Kläger gleichwohl unzumutbar war, sein Fahrzeug bei der Firma M. reparieren zu lassen. Denn nach der Behauptung des Klägers, die mangels tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich zugrunde zu legen war, hatte der Kläger sein Fahrzeug bei der markengebundenen Fachwerkstatt V. gekauft, es dort warten und alle erforderlichen Reparaturen dort durchführen lassen. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die insoweit erforderlichen Feststellungen treffen konnte.