a) Grundlagen
Rz. 120
Obwohl Art. 10 Abs. 5 Satz 1 WKRL den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, die Haftung des Verkäufers zeitlich allein durch eine Verjährungsfrist zu begrenzen, ohne zusätzlich oder allein eine Gewährleistungsfrist vorzusehen, hat der deutsche Gesetzgeber zur Wahrung der Rechtskontinuität und einer einheitlichen Dogmatik am Verzicht auf eine Gewährleistungsfrist festgehalten: Die Haftung des Unternehmers ist zeitlich allein durch eine Verjährungsfrist begrenzt.
Rz. 121
Die WKRL gibt eine Haftungsdauer von mindestens zwei Jahren vor. Dem hingegen besteht keine bestimmte Regelung zur Haftungsdauer des Unternehmers für Mängel der digitalen Elemente. Die Dauer der Aktualisierungsverpflichtung bestimmt sich entweder nach einer Parteivereinbarung (§ 475b Abs. 3 BGB) oder nach der berechtigten Erwartung des Käufers (§ 475b Abs. 4 BGB), für die Dauer der Aktualisierungsverpflichtung bzw. die Haftung für sonstige Mängel für dauerhaft bereitgestellte digitale Elemente ist nach § 475c Abs. 2 und 3 BGB gleichermaßen die Parteivereinbarung zugrunde zu legen. Andererseits verbietet Art. 10 Abs. 5 Satz 2 WKRL den qua Richtlinie vorgegebenen Haftungszeitraum durch eine Verjährungsfrist zu verkürzen. Daher normiert die Sonderregelung des § 475e BGB den Verjährungsbeginn (abweichend von § 438 BGB) beim Verbrauchsgüterkauf von Sachen mit digitalen Elementen. § 475e BGB normiert verschiedene Tatbestände der Verjährungshemmung für Waren mit digitalen Elementen.
b) Ablaufhemmung bei dauerhafter Bereitstellung digitaler Elemente
Rz. 122
Im Fall der dauerhaften Bereitstellung digitaler Elemente nach § 475c Abs. 1 Satz 1 BGB verjähren Ansprüche wegen eines Mangels an den digitalen Elementen gemäß § 475e Abs. 1 BGB – abweichend von § 438 Abs. 2 BGB – nach der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht vor dem Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Bereitstellungszeitraums (Verjährung innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe, ergänzt um die Ablaufhemmung, wodurch sehr lange Verjährungsfristen verhindert werden sollen).
Rz. 123
Ansprüche wegen einer Verletzung der Aktualisierungspflicht i.S.v. § 475b Abs. 3 oder 4 BGB verjähren gemäß § 475e Abs. 2 BGB als Parallelregelung zu § 475e Abs. 1 BGB nicht vor dem Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Zeitraums der Aktualisierungspflicht (Ansetzen der zwölfmonatigen Ablaufhemmung am Ende des Zeitraums der Aktualisierungspflicht).
Rz. 124
Im Fall eines arglistig verschwiegenen Mangels ist bei Ansprüchen, die unter § 475e Abs. 1 BGB fallen, die Regelung des § 438 Abs. 3 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des in § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB geregelten Zeitpunktes der in § 475e Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB geregelte Zeitpunkt tritt (so § 475e Abs. 2 BGB).
§ 475e BGB regelt vier Fälle der Ablaufhemmung:
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§ 475e Abs. 3 BGB: Zeigt sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist, tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat (nachstehende Rdn 125). |
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§ 475e Abs. 4 BGB: Hat der Verbraucher die Ware dem Unternehmer bzw. auf Veranlassung des Unternehmers einem Dritten zur Nacherfüllung überlassen, tritt die Verjährung wegen eines geltend gemachten Mangels nicht vor dem Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde (siehe Rdn 126). |
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§ 475e Abs. 1 BGB: Ablaufhemmung im Fall der dauerhaften Bereitstellung digitaler Elemente (vgl. Rdn 125). |
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§ 475e Abs. 2 BGB: Ablaufhemmung in Bezug auf Ansprüche wegen einer Verletzung der Aktualisierungspflicht nach § 475b Abs. 3 bzw. 4 BGB (siehe dazu Rdn 105). |
c) Allgemeine Ablaufhemmung
Rz. 125
Hat sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist gezeigt (i.S.v. "offenbar geworden"), so tritt die Verjährung nach § 475e Abs. 3 BGB (in Ergänzung von § 438 Abs. 3 BGB und in Umsetzung von Art. 10 Abs. 5 Satz 2 WKRL) nicht vor dem Ablauf von (pauschal) vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein (Ablaufhemmung), in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat (Möglichkeit einer effektiven Geltendmachung von erst gegen Ende der Verjährungsfrist offenbar ...