1. Grundsätze der Ausübungskontrolle bei Regelungen zum Versorgungsausgleich

 

Rz. 23

Der BGH hat den Versorgungsausgleich – anders als den Zugewinnausgleich – dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zugeordnet. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht der Versorgungsausgleich damit einer vertraglichen Gestaltung nur begrenzt offen, so dass Vereinbarungen über ihn nach denselben Kriterien geprüft werden müssen wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht.[9]

 

Rz. 24

Der BGH trennt dabei streng zwischen dem Versorgungsausgleich und dem Zugewinnausgleich. Auch wenn, z.B. bei Selbstständigen, der dem Zugewinnausgleich unterfallende Vermögensaufbau zumindest auch der Altersversorgung dient, werden die beiden vermögensbezogenen Ausgleichssysteme Zugewinn und Versorgungsausgleich nicht vermischt. D.h. der Entstehung von Nachteilen, die ein Haushalt führender Ehegatte beim Aufbau von Versorgungsanrechten erlitten hat, wird im Rahmen der Ausübungskontrolle systemgerecht durch eine Anpassung der Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich Rechnung getragen. Führt der danach anzuordnende Versorgungsausgleich zu einer Halbteilung der von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte, bestehe laut BGH für eine Ausübungskontrolle bezüglich der Vereinbarungen zur Gütertrennung kein Anlass mehr, und zwar auch dann nicht, wenn die ehebedingten Versorgungsnachteile durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig kompensiert werden konnten und der erwerbstätige Ehegatte in der Ehezeit zusätzlich zu seinen Versorgungsanrechten ein zur Altersversorgung geeignetes Privatvermögen aufgebaut hat.

 

Rz. 25

In Fällen der sogenannten "Funktionsäquivalenz" von Versorgungs- und Zugewinnausgleich soll es nach der Rechtsprechung des BGH jedoch besondere Sachverhaltskonstellationen geben, in denen ein "Hinübergreifen" auf das andere vermögensbezogene Ausgleichssystem im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht gezogen werden kann. Der BGH hat dabei solche Fälle im Blick, in denen ein den Haushalt führender Ehegatte, der zugunsten der Familienarbeit auf die Ausübung einer versorgungsbegründenden Erwerbstätigkeit verzichtet hat, im Falle der Scheidung durch den Versorgungsausgleich keine Kompensation für seine Nachteile beim Aufbau von Versorgungsvermögen erlangt, weil sein (selbstständig) erwerbstätiger Ehegatte aufgrund seiner individuellen Vorsorgestrategie keine nennenswerten Versorgungsanrechte erworben, sondern seine Altersvorsorge bei vereinbarter Gütertrennung allein auf die Bildung von Privatvermögen gerichtet hat. In solchen Fällen kann es nach der Rechtsprechung des BGH im Einzelfall geboten erscheinen, dem den Haushalt führenden Ehegatten zum Ausgleich für die entgangenen Versorgungsanrechte einen (modifizierten) Zugewinnausgleich zu gewähren, der einerseits durch den zum Aufbau der entgangenen Versorgungsanrechte erforderlichen Betrag und andererseits durch die gesetzliche Höhe des Ausgleichsanspruchs beschränkt ist.[10]

 

Rz. 26

Um ein "Hinübergreifen" auf die Regelungen zum Zugewinnausgleich zu vermeiden, sollte daher bei der Gestaltung von Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich unbedingt darauf geachtet werden, dass ein Ausgleich von ehebedingten Nachteilen für den nicht oder nur im geringeren Umfang erwerbstätigen Ehegatten tatsächlich gegeben ist.

2. Muster

 

Rz. 27

Muster 4.5: Regelung zum Versorgungsausgleich bei Doppelverdiener-Ehe

 

Muster 4.5: Regelung zum Versorgungsausgleich bei Doppelverdiener-Ehe

§ _________________________

Versorgungsausgleich[11]

(1) Der Versorgungsausgleich soll grundsätzlich nach den gesetzlichen Vorschriften durchgeführt werden.

(2) Da der Ehemann/die Ehefrau voraussichtlich einer unternehmerischen Tätigkeit nachgehen und dadurch möglicherweise seine/ihre Altersvorsorge durch einen dem Zugewinnverzicht unterfallenden privaten Vermögensaufbau sicherstellen wird, verzichtet dieser/diese auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs, falls er/sie nach Saldierung der korrespondierenden Kapitalwerte Versorgungsanwartschaften von der Ehefrau/dem Ehemann erhält. Die Ehefrau/der Ehemann nimmt den Verzicht an.

(3) Sollte ein Ehegatte bei einer grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterfallenden Versicherung ein Gestaltungsrecht ausüben, welches dazu führt, dass die Versicherung nicht mehr dem Versorgungsausgleich unterfällt, so wird für dieses Recht der Zugewinnausgleich durchgeführt, auch wenn der Zugewinn grundsätzlich ausgeschlossen ist. Diesbezüglich verzichten die Ehegatten bereits jetzt vorsorglich jeweils auf die Einrede der Verjährung wegen etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche, die auf der Ausübung des Gestaltungsrechts beruhen, für einen Zeitraum von drei Jahren ab Ausübung des Gestaltungsrechts und Kenntnis des Ausgleichsberechtigten davon und nehmen den Verzicht wechselseitig an. Diese Ausgleichspflicht besteht nicht, soweit unter Berücksichtigung dieser Anwartschaft gem. Abs. 2 auf den Versorgungsausgleich verzichtet wurde.

(4) Der Notar hat darüber bel...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?