Leitsatz
Eheleute hatten kurz vor der Eheschließung einen notariellen Ehevertrag geschlossen, in dem auf nachehelichen Unterhalt - mit Ausnahme des Betreuungsunterhalts - verzichtet wurde. Ferner verzichteten die Parteien wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs, ohne das eine irgendwie geartete Ersatzleistung vereinbart wurde.
Die im Jahre 1992 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Verbundurteil des FamG vom 14.1.2004 geschieden. Das FamG hat den Ausschluss des Versorgungsausgleichs für unwirksam gehalten, weil der von den Parteien geschlossene Ehevertrag insgesamt sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei. Es hat deshalb den Versorgungsausgleich zu Lasten des Antragstellers durchgeführt.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung legte der Antragsteller Beschwerde ein. Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das FamG habe den zwischen den Parteien geschlossenen Ehevertrag unter Berücksichtigung der Entscheidungen des BVerfG (FamRZ 2001, 343 ff. und 985 ff.) und der sich daran anschließenden Rechtsprechung des BGH (insb. BGH NJW 2004, 930 ff.) zu Recht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten als nichtig betrachtet.
Zwar sei dem Antragsteller insoweit zu folgen, als allein die Schwangerschaft der Antragsgegnerin bei Abschluss des Ehevertrages für sich alleine noch keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages begründe. Sie indiziere allerdings eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsschluss. Vorliegend kämen verschiedene weitere Gesichtspunkte hinzu: Der Vertragsentwurf stamme aus der Sphäre des Antragstellers. Auch der zeitliche Ablauf (Ausarbeitung des Ehevertrages wenige Wochen vor der Heirat, Notartermin am Tag vor der Eheschließung) sei ebenfalls geeignet, Druck auf die Antragsgegnerin auszuüben. Unstreitig sei der Abschluss des Ehevertrages für den Antragsteller Voraussetzung für die Eheschließung gewesen. Da er außerdem bezweifelt habe, Vater des ungeborenen Kindes zu sein, dass die Antragsgegnerin seinerzeit erwartete, liege es bei lebensnaher Würdigung nahe, dass diese zusätzliche Hemmungen hatte, sich den Vorstellungen des Antragstellers über die Regelung der Ehescheidungsfolgen entgegenzustellen.
Was den Inhalt des Vertrages angehe, greife dieser in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ein. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Regelung zum nachehelichen Unterhalt, als auch hinsichtlich der Regelung zum Versorgungsausgleich, der ebenfalls zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zähle. Diese Regelungen seien getroffen worden, obgleich nach der Vorstellung der Parteien klar gewesen sei, dass die Ehefrau in den nächsten Jahren durch die Kindererziehung Nachteile in ihrer Erwerbsbiographie und bei dem Erwerb von Rentenanwartschaften erleiden würde, wobei zusätzlich noch erschwerend hinzugekommen sei, dass die Parteien seinerzeit geplant hätten, ins Ausland zu gehen.
Die berufliche Perspektive der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei nicht derartig positiv gewesen, dass sie die absehbaren ehebedingten Nachteile hätte kompensieren können.
Nach alledem könne nicht davon ausgegangen werden, dass trotz der Abbedingung von wesentlichen Regelungen aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts der Ehevertrag gleichwohl wegen fehlender Schutzbedürftigkeit der Antragsgegnerin wirksam wäre. Bei einer Gesamtschau der Umstände des Zustandekommens des Ehevertrages, der Situation der Parteien bei Abschluss der Vereinbarung sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens bestand daher nach Auffassung des OLG kein Zweifel daran, dass die getroffene vertragliche Vereinbarung die Antragsgegnerin evident einseitig benachteiligte und mit dem Wesen der Ehe als einer gleichberechtigten Partnerschaft nicht vereinbar sei.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.04.2006, 18 UF 247/04