Rz. 165
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass im Unternehmensbereich in den meisten Fällen von Gestaltungen der Vor- und Nacherbfolge abzuraten ist. Lediglich für Konstellationen, in denen Vor- und Nacherbe die Gewähr für eine gute Zusammenarbeit bieten, testamentarisch der Nacherbe durch Vermächtnis zur Zustimmung zu bestimmten Verfügungen verpflichtet werden kann und die Laufzeit der Vorerbschaft absehbar ist, kann mit der Vor- und Nacherbschaft ein Übergang in den Generationen gestaltet werden. Bei Personengesellschaften ist die Gefahr durch abweichende Gesellschaftsregeln i.d.R. zu groß. Es gibt für das jeweilige Sicherungsinteresse des Erblassers andere Möglichkeiten, die die Nachteile der Vor- und Nacherbschaft vermeiden.
Rz. 166
Ein weit verbreitetes Motiv ist die Verhinderung des Umschlags des Vermögens in die Familie des (geschiedenen) Schwiegerkindes. Dies kann jedoch wirksam mit einem Herausgabevermächtnis, meist kombiniert mit einer Testamentsvollstreckung, verhindert werden. Testamentsvollstreckung am Unternehmen bzw. Gesellschaftsanteil gewährt z.B. über § 2214 BGB wie die Vor- und Nacherbschaft den Schutz vor Eigengläubigern des Erben, der mit dem Herausgabevermächtnis belastet ist.
Beispiel
Derjenige (A), der als erster Firmenwerte erhält, wird mit dem Vermächtnis beschwert, diese Werte zu einem bestimmten Zeitpunkt, jedenfalls mit seinem Tod, an den nächsten Nachfolger (B) herauszugeben. Die Erben des A erwerben an diesen Gegenständen keine Rechte und müssen sie im Fall des Todes des A an B herausgeben. Die Weitergabe des Vermögens auf B ist auch "pflichtteilsfest", da keine Werte unentgeltlich aus dem Vermögen des A weggegeben werden – sie waren stets mit der Herausgabeverpflichtung belastet.
Rz. 167
Erbschaftsteuerlich muss in jedem Fall darauf geachtet werden, die Möglichkeit des § 6 Abs. 3 S. 2 ErbStG (Anrechnung der von dem Vorerben bezahlten Steuer, soweit sie nicht auf dessen Bereicherung während der Vorerbschaft entfiel) zu nutzen (vgl. Rdn 174). Deshalb ist auch aus diesem Grund bei interimistischer Unternehmensführung, weil der Nachfolger "noch nicht so weit ist", die Verwaltungs-Testamentsvollstreckung als erbschaftsteuerrechtlich neutral zu bevorzugen.
Rz. 168
Praxishinweis
Kann innerhalb eines Mandats auf die Gestaltung von Unternehmensnachfolge Einfluss genommen werden, sind die Gefahren der Vor- und Nacherbfolge (auch die des § 2306 Abs. 2 BGB) deutlich herauszuarbeiten. Meist sind andere Lösungen vorzuziehen.