Rz. 79
Der nicht befreite Vorerbe und für (teil-)unentgeltliche Verfügungen auch der befreite Vorerbe müssen die Möglichkeit haben, die ihnen obliegende ordnungsgemäße Verwaltung (vgl. Rdn 54 f.) auch in Ansehung der Verfügungen und vertraglichen Maßnahmen durchführen zu können, die den Beschränkungen des Gesetzgebers oder Erblassers unterliegen. Hierzu regelt § 2120 BGB die Einwilligungspflicht des Nacherben. Es ist anerkannt, dass nicht nur "Verfügungen" im engeren Sinne hierzu gehören; die Möglichkeit der Einholung der Vorabgenehmigung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung bezieht sich auch auf Verpflichtungsgeschäfte. Da unentgeltliche Verfügungen generell nicht ordnungsgemäß sind, hat die Zustimmungspflicht für den befreiten Vorerben vor allem bei gemischten Schenkungen Bedeutung. Um hier Blockaden zu vermeiden (z.B. durch den Nacherbenvermerk im Grundbuch), gibt die Rechtsprechung bei Veräußerung von Grundstücken durch den befreiten Vorerben die Möglichkeit, den Nacherben auf Zustimmung zu verklagen, wenn der Vertragspartner darauf besteht und Zweifel an der vollständigen Entgeltlichkeit ausgeräumt werden müssen. Die Zustimmung kann dem Vorerben oder dessen Vertragspartner gegenüber erklärt werden und bindet den Nacherben dergestalt, dass nach Genehmigung Schadensersatzansprüche abgeschnitten sind. Bei minderjährigen Nacherben ist die Genehmigung durch das Familiengericht nach §§ 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB notwendig.
Rz. 80
Vor Klageerhebung ist der Nacherbe zur Abgabe der Genehmigung aufzufordern. § 2120 S. 2 BGB normiert aus Beweissicherungsgründen die Möglichkeit des Vorerben, die Zustimmung durch beglaubigte Urkunde erteilen zu lassen. Da die Zustimmung für den Nacherben kostenneutral sein muss, hat der Vorerbe die Kostenübernahme vorab zuzusichern.
Rz. 81
Dem Nacherben gegenüber sind das Rechtsgeschäft, evtl. die Formbedürftigkeit der Zustimmungserklärung (§ 311b BGB bei Grundstücken) sowie die Gründe dafür darzulegen, warum es sich um ein für die ordnungsgemäße Verwaltung erforderliches Rechtsgeschäft/Verfügung handelt. Weigert sich der Nacherbe, kann zum örtlich zuständigen Zivilgericht Zustimmungsklage erhoben werden.
Formulierungsbeispiel: Zustimmungsklage
Der Beklagte wird verurteilt, seine Zustimmung zu der Übertragung des Grundstücks (…) an Herrn (…) zum Kaufpreis von (…) EUR zu erteilen und die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Nacherbenvermerks an dem Grundstück zu bewilligen.“
Rz. 82
Die Zustimmung zur Übertragung reicht nämlich bereits aus. Die Löschung des Nacherbenvermerks – obwohl auch eher deklaratorisch – stellt jedoch die "Sauberkeit" des Grundbuchs her und ist daher mit aufzunehmen. In der jüngsten Vergangenheit sind zahlreiche obergerichtliche Entscheidungen zum Themenkreis "Nacherbenvermerk im Grundbuch" ergangen. So hat das Kammergericht in seiner lesenswerten Entscheidung vom 6.3.2012 die Fragen des Nachweises der Entgeltlichkeit der Grundstücksübertragung und die Zulässigkeit von Zwischenverfügungen erörtert.