Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des befreiten Vorerben auf Zustimmung der Nacherben zur Grundstücksveräußerung
Leitsatz (amtlich)
Der befreite Vorerbe kann analog § 2120 BGB von den Nacherben die Zustimmung zur Veräußerung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks verlangen, wenn der Vertragsgegner der Vorerben dies fordert.
Normenkette
BGB §§ 2113, 2120, 2136
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.03.2010; Aktenzeichen 2-26 O 98/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. - 26. Zivilkammer - vom 2.3.2010 wird, soweit die Hauptsache nicht teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, zurückgewiesen.
Die Kosten der 1. Instanz hat der Beklagte zu tragen.
Die in der 2. Instanz bis zur mündlichen Verhandlung vom 13.10.2010 angefallenen Kosten und Gebühren hat der Beklagte zu tragen. Von den mit der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13.10.2010 und danach angefallenen Gebühren und Kosten haben die Klägerin 76 % und der Beklagte 14 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 105 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit i.H.v. 105 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, befreite Vorerbin nach ihrem verstorbenen Ehemann, nimmt den Beklagten, Nacherbe des Erblassers, auf Zustimmung zur Veräußerung einer zum Nachlass gehörenden Eigentumswohnung sowie Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch in Anspruch.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Frankfurt/M. vom 2.3.2010 Bezug genommen. Dieser ist dahingehend zu ergänzen, dass die im notariellen Kaufvertragsangebot vom ... 2008 zu Urkundenrolle Nr .../2008 des Notars Dr. N1 festgeschriebene Bindungsfrist der Kaufinteressentin A bis ... 2009 mit notarieller Urkunde vom ... 2009 (Urkundenrolle Nr .../2009 des Notars Dr. N1) bis ... 2010 verlängert wurde.
Das LG hat mit der angefochtenen Entscheidung die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin als befreiter Vorerbin gegen den Beklagten kein Zustimmungsanspruch zustehe, weil Zweifel an der Vollentgeltlichkeit der hier beabsichtigten Wohnungsveräußerung nicht ersichtlich seien. Der Beklagte habe die Vollentgeltlichkeit des Kaufvertragsangebots vom ... 2008 mehrfach ausdrücklich unstreitig gestellt.
Das bloße Verlangen der Zustimmung des Nacherben durch den potentiellen Erwerber der Eigentumswohnung genüge nicht, um eine Einwilligungspflicht des Nacherben zu begründen. Nur unter hier von der Klägerin nicht vorgetragenen besonderen Umständen könne der Nacherbe nach Treu und Glauben in Abwägung der gegenseitigen Interessen zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet werden.
Gegen diese ihr am 5.3.2010 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der am 6.4.2010 (Osterdienstag) eingelegten und am 5.5.2010 begründeten Berufung, mit der sie zunächst ihren ursprünglichen Klageantrag in vollem Umfang weiter verfolgt hat. Nach Veräußerung des Wohnungseigentums gemäß notarieller Urkunde vom ... 2010 zum Preis von 125.000,- EUR an die Erwerberin BA unter Verzicht auf die vorherige Löschung des Nacherbenvermerks haben die Parteien - nach entsprechendem Hinweis im Senatstermin vom 13.10.2010 - die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt nunmehr darüber hinaus, in Abänderung der angegriffenen Entscheidung des LG festzustellen, dass auf der Grundlage des Kaufvertrages vom ... 2010 zu Urkundenrolle Nr .../2010 des Notars Prof. Dr. N2, in dem das Angebot der BA1 auf Abschluss eines Kaufvertrages vom ... 2008 (Urkundenrolle Nr .../2008 des Notars Dr. A) und des Nachtrags vom ... 2009 (Urkundenrolle Nr .../2009 des Notars Dr. A) aufgegangen ist, das Eigentum an dem im Grundbuch von O1, Bl ..., eingetragen 10,009/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück O1, Flur ..., Flurstück ...,...-Straße ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung und Keller Nr. 5.4 des Aufteilungsplanes und dem Sondernutzungsrecht an dem Pkw-Abstellplatz in der Tiefgarage Nr. 10 voll entgeltlich, d.h. nicht teilweise unentgeltlich i.S.v. § 2130 Abs. 2 S. 1 BGB, übergegangen ist und dem Beklagten deshalb gegen die Klägerin und die Erwerberin Frau A keinerlei Ansprüche auf Geltendmachung der Unwirksamkeit der vorbenannten Verfügung zustehen.
Die Klägerin meint, dass hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen seien. Entgegen der Auffassung des LG hätten durchaus Zweifel an der Vollentgeltlichkeit des Kaufangebots vom ... 2008 bestanden. Der von der Interessentin A angebotene Kaufpreis von 125.000,- EUR habe deutlich unter dem vom Erblasser 1998 aufgewendeten Kaufpreis i.H.v. 186.323,- EUR gelegen. Auch wenn der Beklagte die Entgeltlichkei...