Rz. 120
Mit Eintritt des Nacherbfalls wird der Nacherbe Erbe des Erblassers mit den dinglichen Wirkungen des § 1922 Abs. 1 BGB. Dies stellt § 2139 BGB nochmals klar. Die §§ 2140, 2141 BGB regeln für die Übergangszeit die notwendigen Rechtsfolgen, die sich aus der dinglichen Rechtsposition des Nacherben ergeben, wenn der Nacherbfallseintritt dem Vorerben noch nicht bekannt (§ 2140 BGB) bzw. wenn der Nacherbe gezeugt, aber noch nicht geboren ist (§ 2141 BGB). Über das Rechtsverhältnis von Vor- und Nacherbe hinaus sind noch weitere Rechtsbeziehungen zu beachten, sobald der Nacherbfall eingetreten ist.
1. Eintritt des Nacherbfalls während eines Rechtsstreits
Rz. 121
Ist der Vorerbe zu Verfügungen über den Streitgegenstand ohne Zustimmung des Nacherben befugt (z.B. befreiter Vorerbe), gelten §§ 239, 242, 246 ZPO. Prozessual wird der Nacherbe wie ein Rechtsnachfolger des Vorerben behandelt. Die Parteistellung geht auf den Nacherben über. War kein Prozessbevollmächtigter mandatiert, wird der Prozess unterbrochen, sonst wird der Prozess weitergeführt mit dem Recht, Aussetzung zu beantragen.
Rz. 122
Bedarf der Vorerbe grundsätzlich der Zustimmung des Nacherben zu einer Verfügung über den Streitgegenstand und führt er einen Aktivprozess, fehlt die Aktivlegitimation, wenn die Zustimmung nicht erfolgt. Der Vorerbe muss dann den Rechtsstreit für erledigt erklären, um einer Abweisung zu entgehen. Beim Passivprozess kommt es darauf an, ob der Vorerbe nach § 2145 BGB weiter für Verbindlichkeiten haftet. Wird dies bejaht, kann der Kläger diesen Prozess weiterführen. Wenn nicht, bleibt dem Kläger nur die Erledigungserklärung und die erneute Klage gegen den Nacherben.
Rz. 123
Bei rechtskräftigen Urteilen ist § 326 ZPO zu beachten. Vor dem Nacherbfall rechtskräftig gewordene Urteile wirken stets in den Teilen auch für den Nacherben, wenn sie für ihn günstig sind. Die nachteiligen Urteile wirken nur insofern gegen den Nacherben, wenn sie einen Streitgegenstand betreffen, über den der Vorerbe ohne Zustimmung des Nacherben verfügen durfte (§ 326 Abs. 2 ZPO). Nur unter diesen Voraussetzungen kann es auch gegen den Nacherben vollstreckt werden.
2. Insolvenz des Vorerben
Rz. 124
Zwar fällt der Nachlass als Eigentum des Vorerben in die Insolvenzmasse, doch ist der Nacherbe durch § 2115 BGB geschützt. Gegen eine Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung hat der Nacherbe die Möglichkeit der speziellen Drittwiderspruchsklage nach § 773 S. 2 ZPO. Bei freihändiger Veräußerung durch den Insolvenzverwalter kann der Nacherbe nach Anfall der Erbschaft an ihn die Unwirksamkeit der Verfügungen geltend machen.