Dr. Lars Damke, Dr. Martin van Bühren
Rz. 71
Grundvoraussetzung für die in A § 4 Nr. 2 a aa VGB 2010, A 5.1.1.1 VGB 2022 (§ 8 Nr. 1 VGB 88) geregelten Beweiserleichterungen ist, dass der Versicherungsnehmer zunächst den Tag bestimmen kann, an dem die Schäden an dem versicherten Gebäude entstanden sind. Die Beweislast für das Vorliegen eines bedingungsgemäßen Sturms trägt der Versicherungsnehmer. Zum Nachweis eines Sturmschadens ist es nicht erforderlich, dass der Beweis für ein direktes Auftreffen einer Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 auf das versicherte Gebäude erbracht wird. Vielmehr reicht es aus, dass in näherer Umgebung ein Sturm mit entsprechender Windbewegung nachgewiesen wird. Der Versicherungsnehmer muss den Vollbeweis der (Mit-)Ursächlichkeit des Sturms für den geltend gemachten Schaden erbringen. Nicht ausreichend ist insoweit die Feststellung der Kompatibilität des Schadens mit einem Sturm. In der Praxis kann der Nachweis für den Sturm über eine Auskunft des für den Wohnort des Versicherungsnehmers zuständigen Wetteramtes oder des Deutschen Wetteramtes geführt werden. Keinen ausreichenden Nachweis stellt es dar, eine Bestätigung des Wetteramtes einer Großstadt vorzulegen, in der sich der Schadensort zwar befindet, in der jedoch lediglich eine Spitzenwindgeschwindigkeit von 7 Windstärken gemessen wurde und Abweichungen von plus/minus 1 Windstärke als "möglich" bezeichnet wurden.
Rz. 72
Kann der Versicherungsnehmer keine geeignete Bestätigung einer Wetterstation oder eines Wetteramtes beibringen, ist er darauf angewiesen, gem. A § 4 Nr. 2 a bb VGB 2010, A 5.1.1.2 VGB 2022 (§ 8 Nr. 1 VGB 88) bestimmte Indizien nachzuweisen, die den Rückschluss auf ein versichertes Ereignis zulassen. Hierfür reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Luftbewegung in der Umgebung des versicherten Gebäudes Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat (A § 4 Nr. 2 a bb VGB 2010, A 5.1.1.2 VGB 2022; § 8 Nr. 1a VGB 88). Alternativ muss der Versicherungsnehmer nachweisen, dass der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann (A § 4 Nr. 2 a bb VGB 2010, A 5.1.1.2 VGB 2022; § 8 Nr. 1b VGB 88). Hierfür kann auch auf sonstige Indizienbeweise zurückgegriffen werden.
Rz. 73
Zum Nachweis eines Sturmschadens wird der Versicherungsnehmer häufig darauf angewiesen sein, ein Gutachten oder eine entsprechende Stellungnahme des zuständigen Wetteramtes beizubringen. Die dadurch verursachten Kosten stellen Schadensermittlungskosten dar, die vom Versicherer zu erstatten sind. Auch wenn die VGB keine ausdrückliche Regelung über die Übernahme von Schadensermittlungskosten enthalten, heißt dies nicht, dass solche Kosten nicht vom Versicherungsschutz mit umfasst werden. Es gilt insoweit die gesetzliche Regelung des § 66 VVG a.F. (bzw. § 85 VVG). Während § 66 Abs. 1 VVG a.F. den Ersatz von Schadensermittlungskosten grundsätzlich unter Versicherungsschutz stellt, enthält § 66 Abs. 2 VVG a.F. einen Ausschluss für Kosten, die durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen verursachten wurden. Kosten, die durch die Einholung einer Auskunft des Wetteramtes verursacht werden, stellen keine Sachverständigenkosten gem. § 66 Abs. 2 VVG a.F., sondern Kosten der Beweisführung gem. § 66 Abs. 1 VVG a.F. dar. Das geltende Recht (§ 85 Abs. 2 VVG) hat diese Regelung übernommen.