Dr. K. Jan Schiffer, Matthias Pruns
Rz. 48
Die Praxis der einzelnen Landesstiftungsbehörden bei der Anerkennung von unternehmensverbundenen Familienstiftungen war vor einiger Zeit noch in hohem Maße unterschiedlich und oft bedenklich, was angesichts der relativ wenigen Stiftungsgestaltungen in der Praxis allerdings auch kaum überraschen konnte. Es ist davon auszugehen, dass dieser Befund angesichts des insoweit klaren aktuellen Stiftungszivilrechts überholt ist.
Rz. 49
Eine Konstruktion über eine oder mehrere selbstständige Stiftungen im Unternehmensbereich bietet dem Unternehmer, seinem Nachfolger und dem Unternehmen als sozialer Einheit neben der Möglichkeit, für diese besondere Rechtsform ambitionierte Fremdvorstände einzusetzen, falls sich in der Familie keine geeignete Person findet, vor allem den Vorteil der Sicherung der Unternehmenskontinuität. Zur Stiftung im Erbfall siehe Rdn 100 ff.
Damit kann insb. im objektivierten Interesse aller Beteiligten auch den Gefahren wirkungsvoll begegnet werden, die sich für Familienunternehmen bei einer Mehrzahl von Erben ergeben. Dieser besondere Vorteil der Kontinuität kann jedoch im negativen Fall mit mangelnder Flexibilität einhergehen.
Rz. 50
Der Stifter/Unternehmer sollte, wenn er eine Stiftungsgestaltung im Interesse des Unternehmens wählt, gemeinsam mit seinem Berater besonders darauf achten, dass die Stiftungsgestaltung die für das Unternehmen erforderliche Flexibilität gewährt. Kann doch die Stiftungssatzung nur in dem durch den tatsächlich geäußerten oder mutmaßlichen Willen des Stifters gesetzten engen Rahmen geändert werden; für die Änderung ist außerdem grundsätzlich die Zustimmung der Stiftungsaufsicht erforderlich. Folglich können auch Unternehmen, die in Form von Stiftungskonstruktionen gestaltet sind, auf Änderungen ihres Marktes und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch eine Änderung der Unternehmensstruktur nur bedingt reagieren – jedenfalls solange die Stiftungskonstruktion beibehalten werden soll.
Rz. 51
Zur Satzungsgestaltung insb. bei einer unternehmensverbundenen Stiftung folgende Praxishinweise:
Durch eine sorgfältige Gestaltung der Stiftungskonstruktion und eine überlegte Formulierung der Stiftungsverfassung kann ein erhöhtes Maß an Flexibilität erreicht werden.
So kann den Stiftungsorganen in der Stiftungsverfassung bspw. ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt werden, Anpassungen an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse im Bereich der Stiftung durchzuführen. Die Stiftungsaufsichtsbehörde darf, da sie den in der Satzung dokumentierten Stifterwillen zu beachten hat, die Zustimmung zu einem geänderten, den neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechenden Verhalten der Stiftung grundsätzlich nicht verweigern.
Denkbar ist außerdem z.B. eine Ermächtigung in der Stiftungssatzung zu einem Wechsel der Rechtsform des Unternehmens in besonderen Fällen. Hinzuweisen ist auch auf die Möglichkeit, in dem Gesellschaftsvertrag einer Stiftung & Co. (KG) den Ausschluss der Komplementär-Stiftung im Wege eines Mehrheitsbeschlusses der Kommanditisten vorzusehen. Ersichtlich ergibt sich in diesen Fällen als Preis für die erhöhte Flexibilität aber die Konsequenz, dass die möglicherweise vom Stifter gewünschte "ewige" Verbindung zwischen Unternehmen und Stiftung in letzter Konsequenz gelöst werden könnte.
Rz. 52
Es ist ein allgemein beklagter Umstand, dass die Kapitaldecke deutscher Unternehmen – insb. deutscher Familienunternehmen – oftmals recht dünn ist. Die finanziellen Möglichkeiten der Unternehmerfamilien reichen gerade in Zeiten neuer wirtschaftlicher Herausforderungen nur bedingt aus, um das für das Unternehmen erforderliche Kapital zur Verfügung zu stellen. Ab Ende der 80er Jahre haben sich daher zahlreiche Unternehmerfamilien dazu entschlossen, mit ihren Unternehmen an die Börse zu gehen, um dort das erforderliche Kapital zu beschaffen und so die Kapitalbasis für ihr Unternehmen zu verbreitern. Unternehmen, die in Form einer Stiftungskonstruktion gestaltet sind, ist dies jedenfalls auf direktem Weg verschlossen. Insgesamt ist festzuhalten, dass es einer unternehmensverbundenen Stiftung in aller Regel tendenziell deutlich schwerer fallen wird, das für anstehende größere Investitionen erforderliche Kapital zur Verfügung zu stellen.
Aber auch hier lassen sich Gestaltungen etwa über Tochtergesellschaften, die an die Börse gehen, oder über die Gestaltung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder, wie das Beispiel Würth zeigt, über die Platzierung einer Anleihe finden, um eine Kapitalbeschaffung am Kapitalmarkt zu ermöglichen.
Rz. 53
Im Unternehmensbereich kann auch eine gemeinnützige Stiftung eine sinnvolle Rolle spielen und gleichzeitig der Allgemeinheit dienen.
Unternehmenseinkünfte können z.B. dem eventuellen Wunsch der Familie entsprechend ganz oder teilweise gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden, was durchaus als positiver Marketingeffekt für das Unternehmen genutzt werden kann. Ohne eine gemeinnützige Stiftung könnte das über steuerbegünstigte Spenden nur ...