Rz. 40
Die Geschäftsgebühr entsteht nach der Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV für das anwaltliche Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags.
Entscheidend ist auch hier (nur), dass der Auftrag auf eine derartige Vertretung des Mandanten gerichtet ist; ob der Anwalt dann letzten Endes tatsächlich nach außen hin oder sonstwie tätig geworden ist oder ob sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt hat, ist irrelevant. Wenn also der Anwalt das Mandat bearbeitet und eine Erklärung für seine Mandanten entwirft (z.B. eine Kündigungserklärung oder ein Anhörungsschreiben nach § 102 BetrVG), betreibt er das Geschäft seines Mandanten und eine Geschäftsgebühr fällt an. Selbst das bloße Entgegennehmen von (auch lückenhaften) Informationen durch den Anwalt kann eine Geschäftsgebühr auslösen, wenn diese Tätigkeit erfolgt, um auftragsgemäß nach außen hin die Interessen des Mandanten zu vertreten. Zur außergerichtlichen Vertretung gehören außerdem das Anschreiben der Gegenseite oder Dritter, Korrespondenz mit dem Betriebsrat und das Entwerfen von Verträgen.
Der Umfang der Tätigkeit, insbesondere die Anzahl der Besprechungen und Schreiben spielt für das Entstehen der Pauschgebühr keine Rolle, sondern wirkt sich ggf. bei der Gebührenbemessung im Rahmen des § 14 RVG aus.
Rz. 41
Die Geschäftsgebühr ist eine Rahmengebühr und in Nr. 2300 VV geregelt. Der gesetzliche Rahmen für die Geschäftsgebühr beträgt 0,5 bis 2,5 Gebühren.
Der jeweilige Gebührensatz ist vom Rechtsanwalt im Einzelfall gem. § 14 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen – unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Auch ein besonderes Haftungsrisiko kann bei der Bemessung herangezogen werden. Die Auflistung des § 14 Abs. 1 RVG ist nicht abschließend, sodass auch unbenannte Merkmale wie z.B. die Tätigkeit zur Nachtzeit oder an Wochenenden, die Reputation des Anwalts, extremer Zeitdruck, die Interessenvertretung in der Öffentlichkeit o.ä. Berücksichtigung finden können. Einzelne Kriterien können durch andere ausgeglichen werden. Dem Anwalt steht also ein Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen er die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG gewichten muss und der grundsätzlich einen relativ weiten Radius eröffnen kann – denn erst dann, wenn der obere Rand überschritten wird, ist die Gebühr unbillig und vom Gericht zu bestimmen, § 315 Abs. 3 BGB.
Das Ermessen des Anwalts bei der Bestimmung des Gebührensatzes wird allerdings durch die Anmerkung zu Nr. 2300 VV eingeschränkt, denn danach kann eine Gebühr von mehr als 1,3 (Regel- oder Schwellengebühr bzw. Schwellenwert) nur gefordert werden, wenn die Angelegenheit umfangreich oder, d.h. alternativ, schwierig war. Diese Einschränkung gilt für alle anderen Gebührensätze von mehr als 1,3 und damit auch für die Mittelgebühr (= Mindestgebühr plus Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr), die bei der Geschäftsgebühr bei 1,5 liegt.
Durch die Anmerkung zu Nr. 2300 VV wird unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass in durchschnittlich gelagerten Fällen die Regelgebühr von 1,3 eingreifen soll. Ein zur Regelgebühr führender Normalfall liegt vor, wenn keine Besonderheiten in Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit bestehen und der Auftraggeber durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat, d.h. dann, wenn sämtliche Merkmale des § 14 RVG durchschnittlicher Art sind. Nur dann, wenn eine überdurchschnittliche Tätigkeit im Hinblick auf "Umfang" oder "Schwierigkeit" durch den Anwalt erfolgt ist, ist eine höhere als die Regelgebühr angemessen; auf die übrigen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG kommt es nicht an. Dabei hat der BGH klargestellt, dass selbst eine Erhöhung auf die Mittelgebühr von 1,5 der Begründung bedarf und nicht (auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20 %) im der gerichtlichen Überprüfung entzogenen Ermessen des Anwalts liegt.
Rz. 42
Was den "normalen" Umfang der anwaltlichen Tätigkeit betrifft, so kommt es in erster Linie auf den zeitlichen Aufwand an, den die Bearbeitung der Angelegenheit tatsächlich mit sich gebracht hat – nicht entscheidend ist, ob der Anwalt im gesamten Zeitraum juristisch tätig war, wie z.B. bei Reisezeiten, sondern dass er währenddessen keine andere Angelegenheit bearbeiten konnte. Zu berücksichtigen sind u.a. die Dauer des Aktenstudiums, der Umfang der Akten, der Umfang der anwaltlichen Ausführungen, die Dauer von Terminen und Besprechungen, erforderliche Rücksprachen mit Sachverständigen usw. Eine verbindlich definierte Grenze, ab der der normale Umfang überschritten ist, gibt es nicht. In der Gesetzesbegründung zu § 14 RVG wird zwar auf eine Studie zum durchschnittlichen Zeitaufwand bei der Bearbeitung familienrechtlicher Mandate verwiesen, diese hat j...