Rz. 17
Wird ein Kündigungsschutzverfahren verglichen, werden neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahezu immer auch weitere Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien in den Vergleich aufgenommen, um die ganze Angelegenheit umfassend zu bereinigen. Üblicherweise wird z.B. die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit einer bestimmten Note mitgeregelt.
Werden Ansprüche, die (noch) nicht rechtshängig gemacht worden sind, im Vergleich mitgeregelt, erhöht sich der Gegenstandswert des Vergleichs (Vergleichsmehrwert); maßgeblich sind die einzelnen geregelten Gegenstände. Voraussetzung für diese Erhöhung ist allerdings, dass durch die vergleichsweise Regelung Streit und/oder Ungewissheit der Parteien in Bezug auf den Regelungsgegenstand beseitigt wird. Darauf stellt nunmehr auch der bundeseinheitliche Streitwertkatalog ab, vgl. Teil I Nr. 25, in dem es weiter heißt, dass gerade über die Frage eines Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die jeweilige Regelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben muss; keine Werterhöhung soll eintreten, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt. Abzustellen ist auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses.
Vergleichsweise miterledigte anderweitig rechtshängige Verfahren führen nur dann zu einem Vergleichsmehrwert, wenn sie bei Geltendmachung in einem Verfahren zu einer Werterhöhung führen würden. Grundsätzlich gilt damit, dass es nicht darauf ankommt, worauf, sondern worüber sich die Parteien verglichen haben.
Rz. 18
Eine Regelung zur Erteilung oder Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses z.B. ist nach Teil I Nr. 29.2 des bundeseinheitlichen Streitwertkatalogs unabhängig von Art und Inhalt eines Berichtigungsverlangens, auch bei kurzem Arbeitsverhältnis mit einem Monatsverdienst zu bewerten. Auch die Erteilung oder Berichtigung eines Zwischenzeugnisses soll gem. Teil I Nr. 29.3 des Streitwertkatalogs mit einer Monatsvergütung angesetzt werden können, bei Kumulation von Zwischen- und Endzeugnis kann insgesamt eine Monatsvergütung herangezogen werden.
Offen bleibt, ob dies – wie zuvor herrschend vertreten – nur dann gelten soll, wenn auch noch inhaltliche Vorgaben für die Zeugnisgestaltung festgelegt werden, wenn dem Arbeitnehmer ein Vorschlagsrecht eingeräumt wird, von dem der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf, oder wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses mit der Erteilung des Zeugnisses in Verzug war. Der bloßen Titulierung des gesetzlichen Anspruchs des Arbeitnehmers, ein qualifiziertes Zeugnis zu erhalten, wurde früher lediglich ein Streitwert von 250 EUR beigemessen.
Die denkbaren Regelungsgegenstände einer vergleichsweisen Einigung und die damit jeweils zusammenhängenden Erhöhungen des Gegenstandswerts können hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Im Einzelfall kann der bundeseinheitliche Streitwertkatalog einen Ansatz bieten und muss im Übrigen die regionale Einzelfallrechtsprechung herangezogen werden (siehe Rdn 8).
Nach dem Streitwertkatalog
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führt die Veränderung des Beendigungszeitpunkts (auch bei Verknüpfung mit einer Erhöhung des Abfindungsbetrags – Turbo- oder Sprinterklausel) nicht zu einem Vergleichsmehrwert, Teil I Nr. 25.1.1; |
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ist – wenn im Rahmen eines Abmahnungsrechtsstreits oder des Streits über eine Versetzung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird – dies zusätzlich nach I. Nr. 20 zu bewerten, Teil I Nr. 25.1.2; |
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wird das Merkmal der "Ungewissheit" insbesondere bei Vereinbarung eines Arbeitszeugnisses mit inhaltlichen Festlegungen zum Leistungs- und Führungsverhalten in einem Rechtsstreit über eine auf Verhaltens- oder Leistungsmängel gestützte Kündigung gegeben sein; dies ist zusätzlich nach Teil I. Nr. 29 zu bewerten, Teil I Nr. 25.1.3; |
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wird eine Freistellungsvereinbarung mit bis zu einer Monatsvergütung (unter Anrechnung des Werts einer Beschäftigungs- oder Weiterbeschäftigungsklage) bewertet, wenn eine Partei sich eines Anspruchs auf oder eines Rechts zur Freistellung berühmt hat, Teil I Nr. 25.1.4. Die Freistellung wird nur zukunftsbezogen ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses berücksichtigt, etwaige Zeiten einer Freistellung zuvor spielen keine Rolle; |
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erhöhen Ausgleichsklauseln den Vergleichswert nur, wenn durch sie ein streitiger oder ungewisser Anspruch erledigt wird. Abzustellen ist auf das wirtschaftliche Interesse der in Anspruch genommenen Partei, Teil I Nr. 25.1.5; |
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kommt es dann, wenn es bei der Ausgleichsklausel um den Ausschluss von Forderungen auf Ersatz gegenwärtigen und/oder künftigen Schadens geht, auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, die Höhe des (auch künftigen) Schadens sowie das Risiko der tatsächlichen Inanspruchnahme an, Teil I Nr. 25.1.6; |
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ist kein Mehrwert bei Erledigung bzw. Verpflichtung zur Erledigung/Rücknahme bei behördlichen Verfahren (Integrationsamt, sonstige Arbeitsschutzbehörde) oder Gerichten (Verwaltungsgericht) im Zusammenhang mit Kündigun... |