Rz. 410

Bei Vorliegen eines relativen Revisionsgrundes muss das Urteil gem. § 337 Abs. 1 StPO auf einer Verletzung des Gesetzes beruhen, d.h. bei Verfahrensfehlern kommt es darauf an, ob im Einzelfall ein rechtsfehlerfreies Verfahren möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.[211] Dieser ursächliche Zusammenhang zwischen Verfahrensfehler und Urteil muss aber nicht erwiesen sein. Es gilt als ausreichend, wenn die bloße Möglichkeit besteht, dass das Urteil auf dem Fehler beruht. Das Ausreichen einer bloßen Möglichkeit ist vor allem bei Verfahrensrügen wichtig, denn der Einfluss von prozessualen Fehlern auf das Urteil lässt sich meistens nicht positiv feststellen, aber auch nicht direkt verneinen. Daraus ergibt sich auch die sog. Aufklärungsrüge, mit der beanstandet wird, dass der Tatrichter seiner Verpflichtung zur vollständigen Wahrheitserforschung nach § 244 Abs. 2 StPO nicht nachgekommen sei, indem er von sich aufdrängenden weiteren Beweismitteln keinen Gebrauch gemacht habe und deshalb zu einem möglicherweise falschen Beweisergebnis gelangt sei.[212]

 

Rz. 411

Die in Urteilen häufige formelhafte Wendung "Diese Feststellungen beruhen auf den Aussagen der Zeugen … und des Sachverständigen … und den verlesenen Urkunden" bedeutet nach BGH nur, dass sich die Beweisaufnahme auf diese Beweismittel erstreckt hat, nicht aber, dass sie auch Bedeutung für die Entscheidung haben.[213] Es ist aber nicht die Aufgabe des Revisionsführers, das Beruhen des Urteils nachzuweisen, denn dies ist von Amts wegen zu prüfen. Hat er den Nachweis für die Gesetzesverletzung geführt, ist das Beruhen schon dann anzunehmen, wenn es nicht offensichtlich auszuschließen ist. In Zweifelsfällen sollte der Verteidiger allerdings darlegen, warum ein solcher Ausnahmefall gerade nicht vorliegt.

[211] Zu Heilungsmöglichkeiten vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 337 StPO Rn 39.
[212] Zu den Anforderungen an eine Aufklärungsrüge vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 StPO Rn 80 ff.
[213] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 337 StPO Rn 38.

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