Rz. 282

Der Sachverständige kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden, § 74 Abs. 1 StPO. Dies bedeutet, dass der Sachverständige ebenso wie der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann. Entsprechend dem § 24 Abs. 2 StPO liegt Befangenheit vor, wenn ein Grund gegeben ist, der Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen geeignet ist. Die Einschätzung, der Sachverständige sei nicht in ausreichendem Maße sachkundig, ist kein Ablehnungsgrund, sondern führt, soweit erforderlich, allenfalls zur Anhörung eines weiteren Gutachters.[127]

Weil das Sachverständigenrecht keine Ausschlussgründe kennt, werden die beim Richter zum Ausschluss führenden Gründe des § 22 StPO als zwingende Ablehnungsgründe anerkannt.[128] Aber auch sie werden nicht von Amts wegen geprüft, sondern müssen von der Verteidigung geltend gemacht werden. § 74 StPO sieht keine zeitliche Begrenzung für die Ablehnung des Sachverständigen vor. Dies bedeutet, dass der Gutachter von seiner Beauftragung an bis zum Ende der Hauptverhandlung abgelehnt werden kann. Hier ist Raum für taktische Erwägungen. Der Ablehnungsantrag muss alle Tatsachen benennen, die eine Ablehnung begründen können, da nicht genannte Tatsachen bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden dürfen. Gemäß § 74 Abs. 3 StPO sind die den Ablehnungsgrund begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Die eidesstattliche Versicherung des Angeklagten reicht dafür aber nicht aus.[129]

[127] Vgl. zum Ganzen Eisenberg, NStZ 2006, 368 ff.
[128] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 74 StPO Rn 2 ff.; Karlsruher Kommentar-Hadamitzky, § 74 StPO Rn 2.
[129] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 74 StPO Rn 11 ff.

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