aa) Typischer Sachverhalt
Rz. 281
Der vom Gericht bestellte Sachverständige S verschweigt, dass er im Auftrag der Justizbehörden handelt, weil er befürchtet, sonst nicht an die erforderlichen Angaben zu kommen. Infolgedessen belehrt er den Zeugen Z auch nicht ordnungsgemäß. Außerdem war er in der gleichen Sache bereits zuvor auf Seiten der Ermittlungsbehörde tätig. Der Rechtsanwalt R erfährt hiervon zufällig und will den Sachverständigen S deswegen ablehnen.
bb) Rechtliche Grundlagen
Rz. 282
Der Sachverständige kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden, § 74 Abs. 1 StPO. Dies bedeutet, dass der Sachverständige ebenso wie der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann. Entsprechend dem § 24 Abs. 2 StPO liegt Befangenheit vor, wenn ein Grund gegeben ist, der Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen geeignet ist. Die Einschätzung, der Sachverständige sei nicht in ausreichendem Maße sachkundig, ist kein Ablehnungsgrund, sondern führt, soweit erforderlich, allenfalls zur Anhörung eines weiteren Gutachters.
Weil das Sachverständigenrecht keine Ausschlussgründe kennt, werden die beim Richter zum Ausschluss führenden Gründe des § 22 StPO als zwingende Ablehnungsgründe anerkannt. Aber auch sie werden nicht von Amts wegen geprüft, sondern müssen von der Verteidigung geltend gemacht werden. § 74 StPO sieht keine zeitliche Begrenzung für die Ablehnung des Sachverständigen vor. Dies bedeutet, dass der Gutachter von seiner Beauftragung an bis zum Ende der Hauptverhandlung abgelehnt werden kann. Hier ist Raum für taktische Erwägungen. Der Ablehnungsantrag muss alle Tatsachen benennen, die eine Ablehnung begründen können, da nicht genannte Tatsachen bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden dürfen. Gemäß § 74 Abs. 3 StPO sind die den Ablehnungsgrund begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Die eidesstattliche Versicherung des Angeklagten reicht dafür aber nicht aus.
cc) Muster: Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit
Rz. 283
Muster 41.39: Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit
Muster 41.39: Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit
An das Amtsgericht _____
Az. _____
In der Strafsache gegen _____ wegen _____
wird beantragt, den Sachverständigen _____ wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Begründung:
Der Sachverständige _____ ist _____ (Darlegen des Sachverhalts, insbesondere die Zugehörigkeit zur Strafverfolgungsbehörde, das Verschweigen der vorherigen Tätigkeit, die fehlende Belehrung etc.). Dies begründet ein erhebliches Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen, vgl. hierzu bereits BGH StV 1997, 231.
Zur Glaubhaftmachung wird auf die anwaltliche Versicherung Bezug genommen. Daneben wird zur Glaubhaftmachung für die Richtigkeit der genannten Tatsachen die Abgabe einer schriftlichen Erklärung des Sachverständigen angeregt.
(Rechtsanwalt)