Leitsatz
In einem Verfahren vor dem LG hat die dortige Antragstellerin beantragt, den Sachverständigen SV1 wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung hat sie auf ein enges persönliches Verhältnis des Sachverständigen zu dem Sohn des Beklagten zu 3) und Neffen des Antragsgegners zu 1), des öffentlich beeidigten Sachverständigen SV2, gestützt. Zum Beleg dafür hat sie die gemeinsame Autorenschaft einer Loseblattsammlung sowie die Tatsache angeführt, dass beide Sachverständige in Veranstaltungsreihen aufgetreten seien. Beide würden zwar nicht miteinander, jedoch zu denselben Themen referieren und hätten sich gegenseitig als Referenten empfohlen.
Hieraus ergebe sich eine verfestigte Beziehung durch ständigen Kontakt, die über rein berufliche oder wissenschaftliche Bekanntschaft hinausgehe und deshalb befürchten lasse, dass der Sachverständige dem Privatgutachten gefolgt sei, weil er dem Sachverständigen SV2 besonderes Vertrauen entgegen bringe. Der Sachverständige SV1 sei gehalten gewesen, diese Beziehung zu dem Sachverständigen SV2 den Parteien offenzulegen.
In seiner Stellungnahme hat der abgelehnte Sachverständige dargelegt, dass sich aus der gemeinsamen Autorenschaft keine enge persönliche Beziehung oder vertrauensvolle Zusammenarbeit ergeben habe. Auch gemeinsame Veranstaltungen habe es nicht gegeben.
Das LG hat das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Hiergegen hat die Antragstellerin fristgerecht sofortige Beschwerde erhoben, der vom LG nicht abgeholfen wurde.
Das OLG hielt die sofortige Beschwerde für begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der §§ 406, 42 Abs. 2 ZPO gegeben seien. Danach könne der Sachverständige wie ein Richten wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
Die Ablehnung sei begründet, wenn ein Grund vorliege, der bei verständiger Würdigung ein Misstrauen der Partei gegen den Sachverständigen von ihrem Standpunkt aus rechtfertigen könne. Eine offenkundige Pflichtwidrigkeit sei nicht erforderlich.
So könnten nahe persönliche oder geschäftliche Beziehungen zu einer Partei ebenso wie berufliche oder wissenschaftliche Zusammenarbeit ausreichen. Allein ein bloßes Kollegialitätsverhältnis genüge allerdings nicht. Für einen Befangenheitsgrund müssten darüberhinausgehende engere berufliche oder private Beziehungen hinzutreten.
Der BGH habe auch die Mitautorenschaft bei einem juristischen Kommentar nicht für ausreichend erachtet. Ein Kollegialitätsverhältnis, das in der Regel mit häufigeren persönlichen Begegnungen verbunden sei, könne eine Ablehnung nur dann rechtfertigen, wenn damit eine sehr enge berufliche Zusammenarbeit verbunden sei (BGHZ 05, 1350).
Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände hielt das OLG die Beziehung zwischen den Sachverständigen SV1 und SV2 aus Sicht der Antragstellerin für so eng, dass auch bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung geweckt werden könne, der Sachverständige stehe der Sache nicht objektiv gegenüber.
Beide Sachverständige seien nicht nur Mitautoren eines Handbuchs, sondern hätten dasselbe Kapitel und mithin auch dasselbe Thema bearbeitet. Dies werde dadurch bestätigt, dass beide beim Deutschen Anwaltsverein über dasselbe Thema referierten, und zwar alternierend. Ebenso hätten sie sich gegenseitig bei verschiedenen Veranstaltungsreihen eingeführt.
Diese Umstände ließen für einen Außenstehenden nur den Schluss zu, dass ein deutlich über bloße Kollegialität hinausgehender Kontakt vorhanden sei. Die Gefahr der unbewussten Beeinflussung könne auch nach Auffassung des OLG nicht in vollem Umfang ausgeschlossen werden. Deshalb müsse im Zweifel zugunsten der betroffenen Partei entschieden werden.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.12.2007, 10 W 63/07