Rz. 470

Im Vergleich zum Strafprozess bestehen auch einige Abweichungen: So ist in OWi-Verfahren beispielsweise die Staatsanwaltschaft nicht zur Teilnahme an der Hauptverhandlung verpflichtet.

 

Rz. 471

Ferner kann das Gericht den Betroffenen auf seinen Antrag hin von der Verpflichtung, in der Hauptverhandlung zu erscheinen, entbinden. Dies ergibt sich aus § 73 Abs. 2 OWiG. Voraussetzung für diese Entpflichtung ist jedoch, dass der Betroffene sich bereits zur Sache geäußert oder aber erklärt hat, dass er sich im Rahmen der Hauptverhandlung nicht zu Sache äußern werde und außerdem seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Betroffene nicht nur durch seine Einlassung, sondern unter Umständen auch durch seine bloße Anwesenheit dazu beitragen kann, dass der Sachverhalt in wesentlichen Punkten aufgeklärt wird. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn es um die Identifizierung des Betroffenen durch Zeugen oder anhand von Lichtbildvergleichen geht. Bei der Entscheidung über den Entpflichtungsantrag geht es allein um die Notwendigkeit der Anwesenheit zur Sachaufklärung und nicht um die Verhältnismäßig- oder Zumutbarkeit der Anwesenheit. Sofern der Betroffene von der persönlichen Erscheinungspflicht entbunden ist, kann er sich auch in der Sacheinlassung von seinem Verteidiger vertreten lassen, sofern dieser ausdrücklich zu dieser Vertretung bevollmächtigt ist. Sollte der Betroffene ohne ausreichende Entschuldigung ausbleiben, wird der Einspruch durch das Gericht ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil verworfen. Dies gilt selbst dann, wenn der Betroffene anwaltlich vertreten ist.

 

Rz. 472

Als weitere Besonderheit im OWi-Verfahren ist die Beweisaufnahme erheblich vereinfacht und nicht so streng wie im Strafverfahren. So richtet sich die Beweisaufnahme nicht zuletzt auch nach der Bedeutung der Sache, vgl. § 77 Abs. 1 OWiG und Beweisanträge können nach Abs. 2 auch abgelehnt werden, wenn das Gericht die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit für nicht erforderlich hält oder die Beweiserhebung zur Aussetzung des Verfahrens führen würde, weil das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache ohne verständigen Grund so spät vorgebracht wurde. Außerdem können Zeugen- und Sachverständigeneinvernahmen durch das Verlesen der Niederschriften und Urkunden ersetzt werden. Im Übrigen gelten die Beschränkungen des § 256 StPO nicht. Sofern es auf den Wortlaut von Schriftstücken nicht ankommt, kann deren wesentlicher Inhalt durch das Gericht bekannt gegeben werden, vgl. §§ 77a ff. OWiG.[240]

[240] Ausführlich dazu Leipold, MAH Strafrecht, § 48 Rn 90 ff.; Beck/Berr/Schäpe, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, Rn 129 f., Brüssow, Strafverteidigung in der Praxis, § 27 Rn 149 ff.

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