Fabian Triesch, Helmut Beckmann
Rz. 10
Die Ansprüche aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag kann grundsätzlich nur der Versicherungsnehmer geltend machen und, wenn dieser nicht gem. § 15 Abs. 2 ARB 2010 (2.1.2. ARB 2012) widerspricht, der Mitversicherte. Handelt es sich bei dem Mitversicherten um den ehelichen beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner, so kann der Versicherungsnehmer der Interessenwahrnehmung nicht widersprechen.
Der Rechtsschutzversicherungsvertrag gibt nicht einen einheitlichen "Deckungsanspruch", sondern mehrere, selbstständige Ansprüche, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden und daher auch verjähren. Im Wesentlichen handelt es sich dabei dem Inhalt nach um Ansprüche auf Deckungszusage, auf Freistellung sowie auf Zahlung.
Zeitlich zunächst kommt in der Regel ein Anspruch auf Bestätigung des Versicherungsschutzes ("Deckung") für einen bestimmten Versicherungsfall in einem bestimmten Stadium der Interessenwahrnehmung (außergerichtlich, erste Instanz usw.) in Betracht, sog. Deckungszusage (§ 17 Abs. 2 ARB 2010, 4.1.2 ARB 2012) – zu ihr noch Rdn 13.
Die Fälligkeit dieses Anspruchs setzt jedenfalls voraus, dass sich die Notwendigkeit der rechtlichen Interessenwahrnehmung im jeweiligen Stadium so konkret abzeichnet, dass der Versicherungsnehmer mit der Entstehung von Kosten rechnen muss. Ob der Versicherungsnehmer für die Fälligkeit die Deckung auch anfragen und seine Informationsobliegenheit nach § 17 Abs. 1 Buchst. b ARB 2010 (4.1.1.2 ARB 2012) erfüllen muss, sprich die Tatsachen beibringen, die benötigt werden, um die Einstandspflicht zu prüfen, wird unterschiedlich beurteilt.
Wird der Versicherungsnehmer selbst wegen fälliger Kosten der rechtlichen Interessenwahrnehmung in Anspruch genommen (z.B. eigene Rechtsanwaltskosten gem. Berechnung nach §§ 9, 10 RVG), bietet der Rechtsschutzversicherungsvertrag insoweit grundsätzlich einen Anspruch auf Freistellung. Wurden die Kosten bereits vom Versicherungsnehmer bezahlt, wandelt sich dieser Anspruch grundsätzlich in einen solchen auf Zahlung um.
Den Freistellungsanspruch kann der Versicherer auch dadurch erfüllen, dass er dem Versicherten für die Abwehr seiner Meinung nicht gerechtfertigter Forderungen des Kostengläubigers Rechtsschutz zusagt, sog. Abwehrdeckungszusage. Ist diese erteilt worden, kommt eine Umwandlung in einen Zahlungsanspruch erst dann in Betracht, wenn ein ernsthafter Abwehrversuch gescheitert ist.
Die Abtretung eines der Ansprüche, z.B. an den Rechtsanwalt des Versicherten, ist nur mit schriftlichem Einverständnis des Versicherers möglich, § 399 Alt. 2 BGB i.V.m. § 17 Abs. 8 ARB 2010 (4.1.7 ARB 2012) – sog. Zustimmungsvorbehalt. Dies ist ein absolutes, auch gegen Dritte wirkendes Abtretungsverbot. Dieses greift allerdings dann nicht, wenn der Rechtsschutzvertrag für den Versicherungsnehmer ein Handelsgeschäft darstellt und es um Erstattungsansprüche in Geld geht (§ 354a S. 1 HGB). Die fehlende Abtretbarkeit des Freistellungsanspruchs ergibt sich schon aus allgemeinem Schuldrecht (§ 399 Alt. 1 BGB), mit den dort diskutierten Ausnahmen bei Abtretung an den Kostengläubiger.
Rz. 11
Dagegen entstehen zwischen dem Rechtsanwalt und der Rechtsschutzversicherung durch die Deckungszusage keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen. Der Mandant behält – auch wenn er seine Rechtsschutzversicherung in Anspruch nimmt – gem. § 17 Abs. 3 S. 1 ARB 2010 (4.1.3 ARB 2012) das Recht, seinen Anwalt frei zu wählen und selbst zu beauftragen. Selbst wenn die Rechtsschutzversicherung, im Rahmen ihrer Sorgepflicht gem. § 17 Abs. 3 S. 2 Buchst. a und b ARB 2010 (4.1.3. ARB 2012) den Rechtsanwalt für den Versicherten aussucht und beauftragt, geht sie keine eigenen Rechtsbeziehungen mit dem Rechtsanwalt ein. Denn eine solche "Beauftragung" geschieht gem. § 17 Abs. 4 S. 1 ARB 2010 nur im Namen des Versicherten. Damit geht einher, dass der Versicherer für die Tätigkeit des Rechtsanwalts auch in einem solchen Fall gegenüber dem Versicherten nicht verantwortlich ist, § 17 Abs. 4 S. 2 ARB 2010 (4.1.3 ARB 2012). Bei der Auswahl eines im Namen des Versicherten beauftragten Anwalts wird allerdings der Versicherer sorgfältig handeln müssen, da er zwar nicht unmittelbar für den Erfolg von dessen Tätigkeit einzustehen hat, er aber für ein Auswahlverschulden (theoretisch) haftbar sein kann.
Rz. 12
Den Rechtsanwalt trifft seinerseits grundsätzlich keine unmittelbare Haftung gegenüber der Rechtsschutzversicherung. So haftet er insbesondere nicht auf Rückzahlung des von der Versicherung erhaltenen Honorars, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die betreffende Interessenwahrnehmung vom Versicherungsvertrag seines Mandanten – aus welchen Gründen auch immer – nicht gedeckt war. Denn aus Sicht des Rechtsanwalts liegt der Rechtsgrund für den Erhalt der Gebühren nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht im Rechtsschutzversicherungsvertrag, sondern ausschließlich im Geschäftsbesorgungsverhältnis mit seinem Mandanten (Deckungsverhältnis). Die Zahlung ist somit eine...