Fabian Triesch, Helmut Beckmann
Rz. 38
Hier stößt die Abrechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG bei den Rechtsschutzversicherern nicht selten auf Ablehnung. Vom Grundsatz her berufen die Versicherer sich auf die anwaltliche Verpflichtung aus dem Mandatsvertrag, im Interesse des Mandanten tunlichst das sicherste und zugleich kostengünstigste Vorgehen zu wählen – zumal vor dem Arbeitsgericht (in erster Instanz) eine Kostenerstattung, die den Mandanten nach dem Maß seines Obsiegens schadlos stellen könnte, nicht stattfindet. Des Weiteren argumentieren sie, der Auftrag des Mandanten sei – schon wegen der nach § 4 KSchG knapp bemessenen Klagefrist – in aller Regel als bedingter Klageauftrag zu werten. Es entstehe dann keine gesonderte Geschäftsgebühr, sondern nur (§ 19 Abs. 1 S. 1 RVG) die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (die sich bei Erledigung der Sache vor Klageeinreichung auf eine 0,8-Gebühr nach Nr. 3101 VV RVG ermäßige). Letztlich wird es auf den Einzelfall ankommen.
Die zuvor herrschende Rechtsprechung ging davon aus, dass dem Rechtsanwalt von Anfang an ein sofortiger Prozessauftrag erteilt wird oder zu erteilen ist, es sei denn, es liegen ganz besondere Umstände vor, so dass der Rechtsanwalt objektiv davon ausgehen durfte, die Angelegenheit innerhalb der Notfrist tatsächlich zu erledigen. So dürften aus Sicht des Versicherers nur seltene Ausnahmen für eine Übernahme der Geschäftsgebühr in Frage kommen – wie etwa folgende Fallgestaltung: Der Auftrag ist ursprünglich nicht (auch nicht aufschiebend bedingt) auf Klageerhebung gerichtet, vielmehr aus objektiv nachvollziehbaren Gründen darauf beschränkt, noch vor Ablauf der Klagefrist, außergerichtlich eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, so dass die spätere Klageerhebung einen neuen Auftrag erfordern würde. Die Rüge der fehlenden Vollmacht ist zwar unverzüglich auszusprechen. Es hindert aber nicht, diese im Rahmen eines sofort zu erteilenden Klageauftrages neben der – zunächst noch zurückgehaltenen – Klageschrift auszubringen. Es wird als anwaltliche Pflicht angesehen, dem Mandanten zu kostensparenden Verhalten zu raten. Wird dies versäumt, so hat der Anwalt ggf. sogar keinen Anspruch auf die Gebühren gegenüber dem Mandanten, der Rechtsschutzversicherer haftet insoweit auch nicht auf Freistellung. Zudem wird er in solchen Fällen die Erteilung von Abwehrdeckung regelmäßig in Betracht ziehen.
Praxishinweis
Rückfragen z.B. beim Personalbüro, ob es dort einen Betriebsrat gibt, und ob dieser ggf. bei der Kündigung mitgewirkt hat, dienen nur der Information des Rechtsanwalts, was Sache des Versicherten ist, § 17 Abs. 1 Buchst. b), Abs. 5 Buchst. b ARB (4.1.1.2, 4.1.4 ARB 2012).