a) Haftung nach Gesetz
Rz. 60
Der Spediteur unterliegt weitgehend dem gleichen Haftungsrecht wie der Frachtführer; die rechtlichen Unterschiede – insbesondere bei Güterschäden – sind gering.
Dass der Spediteur wie ein Frachtführer haftet, wird gesetzestechnisch auf zwei Wegen erreicht. Den Spediteur trifft in den Fällen des Selbsteintritts, der Fixkosten- und Sammelladungsspedition (§§ 458–460 HGB) aufgrund der in diesen Bestimmungen enthaltenen Verweisungen die Haftung eines Frachtführers oder Verfrachters. Mit der Formulierung "hinsichtlich der Beförderung" in den §§ 458–460 HGB wird dabei die Reichweite der Verweisung festgelegt. Beim Selbsteintritt findet Frachtrecht danach insoweit Anwendung, als der Spediteur die Beförderung selbst durchführt oder durchzuführen verspricht. Werden Güter verschiedener Versender gesammelt und aufgrund eines für Rechnung des Spediteurs über die Sammelladung geschlossenen Frachtvertrags befördert, findet Frachtrecht hinsichtlich der Beförderung in Sammelladung, also für den sog. Hauptlauf Anwendung. Durch die Vereinbarung eines festen Preises (feste Kosten, Übernahmesatz) werden in der Regel alle speditionellen Leistungen abgegolten sein, so dass die Verweisung auf das Frachtrecht die gesamte Organisation des Transports i.S.v. § 454 Abs. 1 HGB erfasst; für Leistungen nach § 454 Abs. 2 HGB bleibt es aber bei der Anwendung des Speditionsrechts, auch in puncto Haftung. Insbesondere die weit reichende Verweisung auf das Frachtrecht in den Fällen der Fixkostenspedition, die den Regelfall in der Praxis umschreibt, bedingt einen Gleichlauf der Haftung zwischen Speditions- und Frachtrecht in weit über 90 Prozent aller Fälle. Aufgrund der AGB-festen Ausgestaltung ist hier insbesondere zu berücksichtigen, dass der Spediteur bei Einsatz von Subunternehmern nicht nur für Auswahlverschulden einzustehen hat, sondern ihn die frachtrechtliche Leutehaftung trifft und damit seine Haftungssituation der eines Generalunternehmers (Hauptfrachtführers) ähnelt.
Des Weiteren wird ein Gleichlauf zwischen speditions- und frachtvertraglicher Haftung durch die sog. Obhutshaftung des Spediteurs hergestellt. Nach § 461 Abs. 1 HGB soll der Spediteur für Güterschäden nach den frachtrechtlichen Vorschriften haften, wenn der Schaden in der Zeit entsteht, in der das Gut in seiner Obhut steht.
Soweit Schadenfälle nach diesen gesetzlichen Bestimmungen noch nicht erfasst sind, trifft den Spediteur nach § 461 Abs. 2 HGB eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast, die der Höhe nach unbeschränkt, aber vollständig dispositiv ausgestaltet ist. Im Rahmen der Verschuldenshaftung gilt – abweichend vom Frachtrecht – das Schadenersatzprinzip, es werden also auch Güterfolgeschäden und reine Vermögensschäden ersetzt.
Die §§ 458–460 HGB haben Vorrang vor § 461 HGB.
b) Haftung nach ADSp
Rz. 61
Soweit das Haftungsrecht im HGB – wie oben in Rdn 32 dargestellt – AGB-fest ausgestaltet ist, sind für die ADSp wie für andere Geschäftsbedingungen im Transportsektor einheitliche Haftungsstrukturen vorgegeben. Dies betrifft insbesondere das Haftungsprinzip, die Haftung für Dritte, Haftungshöchstbetrag bei Verspätungsschäden, Schadenreklamation und Verjährung. Die ADSp enthalten – im Rahmen der sog. Korridorlösung (§§ 449, 466 HGB) – in Nr. 23 ADSp 2017 aber vom Gesetz abweichende Regelungen im Hinblick auf den Haftungshöchstbetrag bei Güterschäden.
Soweit die gesetzliche Haftung dispositiv ausgestaltet ist, wird die Haftung dem Grunde nach durch Nr. 22 ADSp 2017, der Höhe nach bei Lagergeschäften durch Nr. 24 ADSp 2017 und im Übrigen durch Nr. 23 ADSp 2017 beschränkt (siehe Rdn 34 f.).
Zu Einzelheiten ist auf die Nrn. 22–27 ADSp hinzuweisen.