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Der Speditionsvertrag kann mit zahlreichen mit der Versendung des Gutes zusammenhängenden Nebenpflichten zusammenfallen. Nicht selten stellen gerade die Nebenleistungen einen Schwerpunkt speditioneller wie logistischer Leistungen dar.
Gerade hier wird dann der Charakter eines "Logistik"-Vertrags als typengemischter Vertrag deutlich. Sucht man hier einen Ansatzpunkt für eine Abgrenzung der Tätigkeiten, bietet es sich zunächst an, auf § 454 Abs. 2 HGB zurückzugreifen. Nach dieser Bestimmung unterfallen auf die Beförderung bezogene Leistungen dem Speditionsrecht, also solche Leistungen, die der Beförderung vor-, zwischen- oder nachgeschaltet sind oder die der Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Beförderung dienen.
Welche Leistungen zählen hierzu? Das Gesetz nennt beispielhaft die Verpackung und Kennzeichnung von Gütern, die Verzollung und Versicherung des Gutes. Weitere Beispiele sind: Be- und Entladetätigkeiten, Ausstellen und Beschaffen von Transportdokumenten, Durchführung von Warenkontrollen (Quantitätskontrolle), Gestellung von Lademitteln, wie z.B. Paletten, Container.
In gleicher Weise kann man bestimmte Nebentätigkeiten dem Lagergeschäft zuordnen, z.B. Ausstellen von Urkunden, Vermittlung von Versicherungen, Besorgung und Ausführung des Umschlags und bestimmte Behandlungen der Ware (Verwiegen, Signieren, Etikettieren usw.).
Dagegen wird man davon auszugehen haben, dass diejenigen Tätigkeiten, die zwar noch im Verlauf der Transportabwicklung erbracht werden, aber der Produktion von und dem Handel mit Gütern dienen, nicht unter das gesetzliche Speditions- (oder Lager-)Recht subsumiert werden können. Hierzu zählen produktionsbezogene Leistungen wie Montagen oder Reparaturen. Ebenso haben Leistungen, die das Gut für den Handelsverkehr vorbereiten, es sozusagen konsumfähiger machen, keinen unmittelbaren Bezug mehr zur Versendung, Beförderung oder Einlagerung von Gütern. Hierunter fallen Leistungen wie die Aufbereitung von Kleidung zum Verkauf (Fashion-Service), Einweisung des Warenempfängers in die Bedienung abgelieferter Maschinen und insbesondere Qualitätskontrollen, die die Prüfung und Bescheinigung über den Zustand des Gutes zum Gegenstand haben.
Diese Grundstrukturen sollte der Anwalt, der sich mit der Vertragsgestaltung auseinandersetzt, vor Augen haben, da sich an diese Einteilung unterschiedliche Rechtsfolgen bei der Erbringung logistischer Leistungen und damit Abgrenzungsprobleme knüpfen. Soweit einzelne Tätigkeiten im Rahmen eines Logistikgeschäfts z.B. nach Werkvertragsrecht zu beurteilen sind, hat der Anwalt z.B. zu beachten, dass der Spediteur hier auch zum Hersteller einer Sache werden kann, z.B. weil er Montagedienstleistungen übernimmt. Deshalb sollte an Regeln über die Abnahme des Werkes nach § 640 BGB ebenso gedacht werden wie an die Pflicht, Nachbesserungen vorzunehmen. Ebenso kann den Spediteur, der zum Werkvertragsunternehmer geworden ist, die verschuldensunabhängige Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz treffen. Jedoch ist in vielen Fällen zu berücksichtigen, dass der Spediteur ein (Teil-)Produkt nach den Anleitungen seines Auftraggebers (Hersteller des Endprodukts) herstellt. Beruht ein Produktfehler auf fehlerhaften Anleitungen, kann sich der Spediteur auf den Haftungsausschluss nach § 1 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ProdHaftG berufen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Spediteur – auch als Logistiker – verpflichtet ist, das aus dem Speditionsvertrag Erlangte herauszugeben, §§ 666, 667 BGB. Hierzu gehören außer dem Speditionsgut insbesondere alle Dokumente, die dem Spediteur zur Besorgung der Beförderung übergeben worden sind, z.B. Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke ("weiße Spediteurbescheinigung") sowie alle Schadensersatzansprüche wegen Verlust und Beschädigung des Gutes, die der Spediteur gegen von ihm eingesetzte Frachtführer hat.