Rz. 19
Da der Frachtführer aufgrund seiner Tätigkeit unmittelbaren Kontakt mit den Kunden des Spediteurs erhält, legen Spediteure Wert darauf, in den Vertrag eine Kundenschutzklausel aufzunehmen. Da mit einer derartigen Klausel einerseits in das Grundrecht der freien Berufsausübung (Art. 12 GG) eingegriffen wird, andererseits der Spediteur seine durch Art. 14 GG geschützte Kundenbeziehung sichern will, müssen die gegensätzlichen Interessen einen angemessenen Ausgleich erfahren. Letztlich kann der Spediteur durch eine Kundenschutzklausel nur in der Weise geschützt werden, dass der Subunternehmer sich nicht "illoyal" die Früchte der Bemühungen des Spediteurs aneignet. Die Rechtswirksamkeit einer Kundenschutzklausel hängt danach unter Berücksichtigung kartellrechtlicher und AGB-rechtlicher Bestimmungen sowie des § 138 BGB (ggf. auch § 74 Abs. 2 HGB) davon ab, ob die Klausel sich in ihrem zeitlichen, örtlichen und gegenständlichen Umfang im Rahmen des Angemessenen hält und eine durch den Vertragszweck gebotene Notwendigkeit vorliegt. Gerade den letzten Punkt sollte der Anwalt mit seinem Mandanten ausführlich erörtern, da die von der Rechtsprechung definierten Anforderungen den Schluss nahe legen, dass eine Kundenschutzklausel nur noch in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann. Insofern muss der Anwalt mit seinem Mandaten erörtern, ob es überzeugende sachliche Argumente gibt, mit denen man die Notwendigkeit einer Kundenschutzklausel für die Durchführung des Hauptvertrags begründen kann. Insbesondere bei der Abwicklung von Spediteursammelgut- oder Systemverkehren werden die vom Spediteur eingesetzten Frachtführer aber oftmals nicht in der Lage sein, als Konkurrent zum Spediteur aufzutreten. Hier sollte auf eine solche Klausel insbesondere dann verzichtet werden, wo im Rahmen der Vertragsgestaltung auch die Problematik der sog. Scheinselbstständigkeit wegen der ungünstigen Indizwirkung zu berücksichtigen ist (siehe Rdn 23).
Soll eine solche Klausel im Vertrag verankert werden, ist Folgendes zu berücksichtigen:
Rz. 20
Die Klausel muss gegenständlich auf den Schutz der Spediteurkunden begrenzt sein, die der Frachtführer durch seine Tätigkeit für den Spediteur neu kennen lernt. Es darf dem Frachtführer aber nicht verwehrt werden, seine gewerbliche Tätigkeit sonst zu entfalten. Der Frachtführer darf also während der Laufzeit und nach Auflösung des Vertrags nur verpflichtet sein, sich einer Werbung von Transportaufträgen in dem Kundenkreis des Spediteurs zu enthalten, den er durch seine Subunternehmertätigkeit tatsächlich kennen lernt, darüberhinausgehende Kundenkontakte können nicht geschützt werden. Es muss dem Frachtführer freistehen, außerhalb dieses Kreises Kunden zu werben. Aus meiner Sicht sollte eine Kundenschutzklausel deshalb auf einzelne, namentlich genannte Kunden begrenzt werden, auf die der Spediteur im Rahmen seiner Kundenstruktur zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes angewiesen ist.
Darüber hinaus sollte die Kundenschutzvereinbarung nicht über den Vertragsgegenstand des Subunternehmervertrags hinausreichen. Wird der Subunternehmer nur im regionalen Güterverkehr eingesetzt, sollte er Transporte von Kunden des Spediteurs im grenzüberschreitenden Verkehr übernehmen dürfen.
Rz. 21
Mangels näherer Angabe über den örtlichen Bereich ist davon auszugehen, dass das gesamte Bundesgebiet erfasst und für den Spediteur geschützt sein soll. Im nationalen Güterkraftverkehr hält sich dies im Rahmen eines sachgerechten Interessenausgleichs, wenn ein Frachtführer während der Dauer des Vertrags die maßgebliche Kundschaft des Spediteurs im gesamten Bundesgebiet kennen lernt. Gleichwohl ist auch hier eine örtliche Beschränkung anzuraten, da der eigentliche Kundenstamm des Spediteurs oftmals in einem bestimmten Umkreis vom Betrieb (z.B. von 50 km) seinen Sitz hat.
In zeitlicher Hinsicht darf die Kundenschutzklausel höchstens
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eine Laufzeit von fünf Jahren haben und |
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nur eine Nachwirkung von einem Jahr nach Vertragsbeendigung haben, Art. 5 VO (EG) 2790/1999. |
Rz. 22
Schließlich sollte in die Kundenschutzklausel eine Sanktion aufgenommen werden. Hier ist an eine Vertragsstrafe zu denken. Bei der Ausgestaltung ist dabei zu beachten, dass eine Vertragsstrafe nach § 339 BGB nur verwirkt wird, wenn der Frachtführer den Verstoß zu vertreten hat. Hiervon kann im Rahmen vorformulierter Vertragsbedingungen nicht abgewichen werden. Wird eine Vertragsstrafe festgelegt, sehen weder das Gesetz noch die Rechtsprechung Begrenzungen für ihre Höhe vor. Zudem ist § 334 BGB im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten nicht anwendbar, § 348 HGB. Während der BGH zur Inhaltskontrolle nach § 307 BGB – in einem anderen Zusammenhang – entschieden hat, dass der maximale Pönalwert den Wert von fünf Prozent der (Netto-)Auftragssumme nicht übersteigen darf, damit eine Vertragsstrafenklausel nicht unwirksam ist, hat das OLG Jena in einem den Transportsektor betreffenden Entscheidung sich an der Vorschrift des § 641 Abs. 3 BGB orientiert und...