Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 602
Zwar handelt es sich beim Anspruch auf Bildungsmaßnahmen nach § 37 Abs. 7 BetrVG um einen Individualanspruch eines jeden Betriebsratsmitgliedes. Das Betriebsratsmitglied kann daher selbst auswählen, welche Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 7 BetrVG es besuchen möchte. Aber es muss auch bei einer Bildungsveranstaltung nach § 37 Abs. 7 BetrVG der Betriebsrat über die Teilnahme beschließen (BAG v. 28.8.1996 – 7 AZR 840/95, juris) und dem Arbeitgeber mitteilen, dass die Seminarteilnahme nach § 37 Abs. 7 BetrVG erfolgt. Bei seinem Beschluss hat der Betriebsrat neben den betrieblichen Notwendigkeiten auch zu berücksichtigen, ob das Betriebsratsmitglied die auf der Bildungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse noch für die Betriebsratstätigkeit brauchen kann; ggf. kann die Bildungsmaßnahme kurz vor dem Ende der Amtszeit verweigert werden (BAG v. 28.8.1996 – 7 AZR 840/95, juris – allerdings soll eine verbleibende Amtszeit von mehr als drei Wochen nach dem Ende der Schulung ausreichend sein; a.A. Fitting, § 37 BetrVG Rn 217 mit dem Hinweis darauf, dass es sich um einen Individualanspruch handelt, der von der Amtszeit des Organs nicht abhängig ist; ähnlich Richardi/Thüsing, § 37 Rn 192: kein Anspruch, wenn die Amtszeit am letzten Tag der Schulung endet).
Rz. 603
Hat der Betriebsrat wegen einer Zwischenwahl keine volle vierjährige Amtszeit, so verringert sich der Anspruch auf den Bildungsurlaub entsprechend dem Verhältnis der abgekürzten Periode zur vierjährigen Periode (h.M.; Nachweise vgl. etwa Fitting, § 37 BetrVG Rn 221, der selbst allerdings die Notwendigkeit einer Kürzung nur dann annimmt, wenn die Amtszeit um mindestens ein Jahr verkürzt wird; Richardi/Thüsing, § 37 Rn 186). Dasselbe gilt bei verlängerter Amtszeit (vgl. § 13 Abs. 3 S. 2 BetrVG: wenn die Amtszeit bei Beginn des Wahlzeitraums noch nicht ein Jahr betragen hat). Für erstmals gewählte Betriebsratsmitglieder bleibt es allerdings in jedem Fall bei der Verlängerung um eine Woche (BAG v. 19.4.1989 – 7 AZR 128/88, juris).
Rz. 604
Entsprechendes gilt für Ersatzmitglieder. Sie haben selbst keinen Anspruch nach § 37 Abs. 7 BetrVG auf Bildungsurlaub, auch dann nicht, wenn sie vorübergehend in den Betriebsrat eingerückt sind. Sind sie endgültig in den Betriebsrat nachgerückt, dann haben sie einen Bildungsanspruch entsprechend der noch zurückzulegenden Amtszeit des Betriebsrates, und zwar unabhängig davon, ob das ordentliche Mitglied den Anspruch schon verbraucht hatte (h.M., vgl. Fitting, § 37 Rn 218); ist das endgültige Ersatzmitglied erstmals in den Betriebsrat nachgerückt, hat es ebenfalls den um eine Woche erhöhten Anspruch (Richardi/Thüsing, § 37 Rn 188). Bei nur vorübergehender – auch längerer – Nachrückzeit entsteht kein eigener Bildungsanspruch des Ersatzmitgliedes.
Rz. 605
Da es sich um einen Individualanspruch des einzelnen Betriebsratsmitgliedes handelt, hat dieses Betriebsratsmitglied einen Anspruch gegen den Betriebsrat, dass die beim Betriebsrat beantragte Schulung auch bewilligt wird, soweit betriebliche Interessen nicht entgegenstehen. Dies gilt auch dann, wenn das Gremium die Schulung mit der Begründung verweigert, das Betriebsratsmitglied solle eine andere Bildungsmaßnahme besuchen. Der Anspruch kann im Beschlussverfahren gegen den Betriebsrat geltend gemacht werden (Richardi/Thüsing, § 37 Rn 209).