Rz. 1475

Die Betriebsvereinbarung kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragspartner zustande, es gelten also die allgemeinen Regeln des BGB. Vertragspartner sind der Arbeitgeber und der Träger des Mitbestimmungsrechts, meist der Betriebsrat, im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat. Auf Arbeitgeberseite ist für den Abschluss das Unternehmen bzw. – für Materien, die nach § 58 Abs. 1 BetrVG mehrere Unternehmen betreffen und deswegen nicht auf Unternehmensebene geregelt werden können – die Konzernmutter zuständig. Beim Gemeinschaftsbetrieb kommt es auf den Träger des Mitbestimmungsrechts an. Das kann die Gemeinschaft der Arbeitgeber sein (i.d.R. die von der Gemeinschaft der Arbeitgeber beauftragte Person) – wie etwa beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit – oder der zuständige Einzelarbeitgeber – wie möglicherweise bei Fragen der Entgeltgestaltung (unstreitig bei der Mitbestimmung bei Eingruppierung nach § 99 BetrVG, bei der es aber nicht um Betriebsvereinbarungen geht).

 

Rz. 1476

Auf Seiten des Betriebsrates ist ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsratsgremiums erforderlich; eine ohne solchen Beschluss vom Betriebsratsvorsitzenden abgeschlossene Betriebsvereinbarung ist – ggf. schwebend bis zur nachfolgenden Zustimmung des Gremiums – unwirksam und entfaltet keine normativen Wirkungen (BAG v. 9.12.2014 – 1 ABR 19/13, juris). Wird der Beschluss nachgeholt, sind – soweit die Betriebsvereinbarung rückwirkend in Kraft gesetzt werden soll – die Grundsätze des Vertrauensschutzes zu beachten.

 

Rz. 1477

Ist eine Betriebsvereinbarung nicht zustande gekommen, kann der zustimmende Beschluss des Betriebsrats im Hinblick auf die anderweitigen Rechtsfolgen i.d.R. nicht als Einverständnis mit einer entsprechenden Regelungsabrede verstanden werden (BAG v. 23.10.2018 – 1 ABR 26/17, juris). Eine stillschweigende Genehmigung – ohne ausdrückliche Beschlussfassung – ist grds. nicht möglich. Die bloße Hinnahme eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers lässt grds. nicht auf den Willen zum Abschluss einer Regelungsabrede schließen (BAG 23.10.2018 – 1 ABR 26/17; zur möglichen Umdeutung in eine Gesamtzusage vgl. unten Rdn 1488).

 

Rz. 1478

Eine Übertragung des Abschlusses von Betriebsvereinbarungen auf Ausschüsse des Betriebsrates ist nicht zulässig (§§ 27 Abs. 3 S. 2, 28 Abs. 1 S. 3 BetrVG). Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung in einem vertretungslosen Betrieb ist ausgeschlossen.

 

Rz. 1479

Bestimmungen in gemischten, von Arbeitgeber, Gewerkschaften und Betriebsrat gemeinsam unterzeichneten Vereinbarungen sind unwirksam, wenn sich nicht aus diesen selbst ohne Weiteres und zweifelsfrei ergibt, wer Urheber der einzelnen Regelungskomplexe ist und um welche Rechtsquellen es sich folglich handelt. Dies folgt aus dem Gebot der Rechtsquellenklarheit, das den Schriftformerfordernissen des § 1 Abs. 2 TVG und des § 77 Abs. 2 BetrVG zugrunde liegt (BAG v. 15.4.2008 – 1 AZR 86/07, juris). Das Gebot der Rechtsquellenklarheit gilt auch für das Verhältnis von Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Konzernbetriebsvereinbarungen (BAG v. 26.9.2017 – 1 AZR 717/15, juris, für gleichlautende Betriebsvereinbarungen mit dem Zusatz "soweit zuständig").

 

Rz. 1480

Auch ein Spruch der Einigungsstelle hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Dies bedeutet, dass dieser Spruch wie eine Betriebsvereinbarung von Betriebsrat und Arbeitgeber gekündigt oder von diesen einvernehmlich abgeändert oder aufgehoben werden kann. Auch für die Unterwerfung unter einen Einigungsstellenspruch benötigt der Betriebsratsvorsitzende eine entsprechende Beschlussfassung des Betriebsratsgremiums (BAG v. 11.12.2018 – 1 ABR 17/17, juris).

 

Rz. 1481

Der Abschluss der Betriebsvereinbarung muss zwingend schriftlich erfolgen; es gelten die §§ 125 ff. BGB, sodass die Herstellung einer – fest verbundenen – Urkunde erforderlich ist, die vom Betriebsratsvorsitzenden und vom Arbeitgeber auf demselben Schriftstück zu unterzeichnen ist. Das Fehlen der Schriftform macht die Betriebsvereinbarung unwirksam. Die elektronische Form (§§ 126 Abs. 3, 126a BGB) wahrt nach der Änderung im BetriebsrätemodernisierungsG v. 14.6.2021 das Schriftformerfordernis, vorausgesetzt, Arbeitgeber und Betriebsrat (Betriebsratsvorsitzender) haben dasselbe Dokument elektronisch signiert (§ 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Die Schriftform wird bei Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag oder eine andere Betriebsvereinbarung auch dann gewahrt, wenn dieser bzw. diese nicht wörtlich wiedergegeben oder als Anlage beigefügt ist (BAG v. 18.3.2014 – 1 AZR 807/12, juris, zur wirksamen Verweisung in einer Dienstvereinbarung auf ein Strategiepapier). Umstritten ist dies jedoch im Fall der Blankett- oder dynamischen Verweisung auf die "jeweils geltende" Version des Tarifvertrages (BAG v. 23.6.1992 – 1 ABR 9/92, juris: Schriftform nicht gewahrt, die Verweisung gilt nur statisch für die damals im Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge