Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
a) Einladung zur ersten Wahlversammlung
Rz. 287
Besteht in einem Betrieb kein Betriebsrat und ist auch kein Wahlvorstand vom Gesamtbetriebsrat, vom Konzernbetriebsrat oder vom ArbG bestellt (dies ist auch in Kleinbetrieben zulässig und vorrangig, so dass auch in diesen meist das einstufige Verfahren mit nur einer Betriebsversammlung als Wahlversammlung zur Anwendung kommt, vgl. Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 88), genügt es, wenn "drei Wahlberechtigte des Betriebes" oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft – unerheblich ist, ob das Gewerkschaftsmitglied im Betrieb wahlberechtigt ist (LAG Hessen v. 15.5.2014 – 9 TaBV 194/13, juris) – zu einer "ersten Wahlversammlung" einladen (§ 28 Abs. 1 S. 1 WO). Nach der Änderung der Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer dürften auch diese, soweit sie wahlberechtigt sind, einladungsberechtigt sein (a.A. GK/Kreutz, § 17 Rn 22; Fitting, § 17 Rn 24).
Rz. 288
Nach der insoweit abschließenden Formulierung in § 28 WO ist der für die Einladung zur Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 3 BetrVG, also für die Betriebsversammlung im normalen Wahlverfahren, bestehende Streit, ob auch der Arbeitgeber einladen kann (dafür z.B. Richardi/Thüsing, § 17 Rn 11 unter Berufung auf ältere BAG-Entscheidungen; ausführlich zum Streitstand GK/Kreutz, § 17 Rn 27; dagegen mit den besseren Argumenten z.B. Fitting, § 17 Rn 22, jeweils m.w.N.), für die Einladung zur Wahlversammlung in Kleinbetrieben gesetzlich geklärt; einladen dürfen nur drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder die Gewerkschaft.
Rz. 289
Die Einladung muss mindestens sieben Tage vor dem Tag der Wahlversammlung erfolgen und durch Aushang an geeigneten Stellen so im Betrieb bekannt gemacht werden, dass die Kenntnisnahme durch die Arbeitnehmer zu erwarten ist (§ 28 WO). In Einzelfällen kann auch eine längere Einladungsfrist geboten sein (LAG Düsseldorf v. 25.3.2020 – 7 TaBVGa 2/20, juris: es kann offenbleiben, ob neun Kalendertage genügen; anders LAG Rheinland-Pfalz v. 26.9.2019 – 5 TaBV 29/18, juris, für die Einladung zur Wahlversammlung im normalen Wahlverfahren, wonach i.d.R. drei Tage zwischen Aushang und Wahlversammlung als genügend angesehen werden). Die Frist beginnt erst ab dem letzten Aushang. Nach § 28 Abs. 1 WO können die Einladenden in der Einladung Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstandes machen.
Rz. 290
Eine Übersetzung der Einladung in Fremdsprachen soll nicht erforderlich sein (so LAG Düsseldorf v. 12.10.2018 – 6 TaBVGa 7/18, juris, mit dem Hinweis, dass die Übersetzungspflicht nach § 2 Abs. 5 WO erst den Wahlvorstand trifft). Dafür spricht, dass durch die Wahlversammlung möglichst schnell und unkompliziert Betriebsräte installiert werden sollen. Andererseits sind Wahlvorschläge nur bis zum Ende dieser ersten Wahlversammlung möglich. Aus diesem Grund – immerhin handelt es sich um Kleinbetriebe bis 100 Beschäftigte, in denen sich die Beteiligten weitgehend kennen dürften – wird man verlangen müssen, dass den ausländischen Mitarbeitern zumindest auf der Wahlversammlung Einzelheiten erklärt werden, damit sie von der Wahl nicht faktisch ausgeschlossen sind.
Rz. 291
Hinweis
Der Tag des Aushangs zählt (als "in den Lauf des Tages fallender Zeitpunkt" nach § 187 Abs. 1 BGB, der gemäß § 41 WO auch für die dort geregelten Fristen zur Anwendung kommt) nicht. Die erste Wahlversammlung kann also bei Aushang am Dienstag frühestens am Mittwoch der darauffolgenden Woche stattfinden, bei Aushang am Mittwoch am Donnerstag usw. In Betrieben mit mehreren Betriebsstätten und Gebäuden ist die Einladung an all diesen Orten auszuhängen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn es einen Ort gibt, an dem üblicherweise alle Arbeitnehmer vorbeikommen, etwa eine zentrale Stempeluhr; dann genügt der Aushang dort.
b) Kreis der Einzuladenden
Rz. 292
Außendienstmitarbeitern (auch Arbeitnehmern mit Telearbeitsplatz und sonstigen auswärtigen Arbeitsplätzen) muss die Einladung schriftlich oder in Textform (etwa per Mail) zugeleitet werden. Zu diesem Zweck muss der Arbeitgeber der einladenden Stelle die Namen und Adressen dieser Mitarbeiter übermitteln – ein Anspruch der Einladenden hierauf besteht jedoch im Hinblick auf den Datenschutz nicht. Gibt der Arbeitgeber die Adressen nicht heraus, ist er verpflichtet, die Einladung auf seine Kosten an die Außendienstmitarbeiter zu übermitteln (BAG v. 26.2.1992 – 7 ABR 37/91, juris; LAG Rheinland-Pfalz v. 7.1.2008 – 5 TaBV 56/07, juris). Weil auch die auswärtig beschäftigten Arbeitnehmer Anspruch auf rechtzeitige Einladung haben, empfiehlt es sich – auch wegen der notwendigen Vorbereitungen und der benötigten Auskünfte für den Erlass des Wahlausschreibens –, die Einladung deutlich mehr als sieben Tage vor der ersten Wahlversammlung anzubringen. Teilnahme- und abstimmungsberechtigt zur Wahl des Wahlvorstandes sind alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer (leitende Angestellte gelten nicht als Arbeitnehmer) ohne Rücksicht auf ihre Wahlberechtigung; auch wahlberechtigte Leiharbeitnehmer müssen trotz fehlender Arbeitnehmereigenschaft im Verhältnis zum Beschäftigun...