Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
a) Allgemeines
Rz. 1098
Nach § 99 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung. Das Mitbestimmungsrecht ist dabei als "qualifiziertes Zustimmungsverweigerungsrecht" konstruiert, d.h.
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wenn der Betriebsrat ordnungsgemäß zur Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung angehört worden ist, |
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dann muss er innerhalb einer Woche dieser Maßnahme widersprechen, |
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und zwar "qualifiziert", d.h. unter Angabe mindestens eines der in § 99 Abs. 2 BetrVG angeführten Gründe, |
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sonst gilt die Zustimmung als erteilt. |
Rz. 1099
Folgende Möglichkeiten sind also denkbar:
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die Anhörung des Betriebsrates ist gar nicht erfolgt oder war nicht ordnungsgemäß: Das Verfahren ist nicht ordnungsgemäß eingeleitet, egal was der Betriebsrat erklärt hat, die Zustimmung fehlt, der Arbeitgeber darf die Maßnahme nicht vornehmen; |
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die Anhörung war ordnungsgemäß, der Betriebsrat stimmt zu: der Arbeitgeber darf die Maßnahme durchführen; |
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die Anhörung war ordnungsgemäß, der Betriebsrat hat sich nicht innerhalb einer Woche schriftlich geäußert: die Zustimmung gilt als erteilt; |
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die Anhörung war ordnungsgemäß, der Betriebsrat hat widersprochen, aber erst nach mehr als einer Woche: Die Zustimmung gilt als erteilt; |
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die Anhörung war ordnungsgemäß, der Betriebsrat hat widersprochen, allerdings ohne Begründung: Die Zustimmung gilt als erteilt; |
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die Anhörung war ordnungsgemäß, der Betriebsrat hat widersprochen, aber ohne dass der Widerspruch einem der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Widerspruchsgründe zugeordnet werden kann: Die Zustimmung gilt als erteilt; |
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die Anhörung war ordnungsgemäß, der Betriebsrat widerspricht innerhalb einer Woche mit einer Begründung, die sich einem der Widerspruchsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG zuordnen lässt: Der Arbeitgeber darf die Maßnahme nicht durchführen. |
Rz. 1100
Im Fall eines ordnungsgemäßen Widerspruchs muss der Arbeitgeber
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entweder auf die Durchführung der Einstellung/Versetzung verzichten oder |
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das Verfahren auf Zustimmungsersetzung vor dem ArbG nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchführen; erst nach rechtskräftiger Ersetzung der Zustimmung durch das ArbG darf die Maßnahme – Einstellung oder Versetzung – erfolgen. |
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Bei Einstellung oder Versetzung kann der Arbeitgeber allerdings nach § 100 BetrVG vorgehen und die Maßnahme als vorläufige Maßnahme durchführen. |
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Bei einer Eingruppierung – soweit es im Betrieb eine Vergütungsordnung gibt (z.B. weil ein Tarifvertrag angewendet wird), kann der Arbeitgeber auf die Eingruppierung und die Zustimmung des Betriebsrates hierzu nicht verzichten – muss er das Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG bei ordnungsgemäßem Widerspruch des Betriebsrates in jedem Fall durchführen. |
b) Voraussetzungen des Mitbestimmungsrechts
Rz. 1101
Das Mitbestimmungsrecht besteht nur dann, wenn im Unternehmen mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts ist im Zuge der Reform 2001 – vorher kam es auf die Beschäftigtenzahl des Betriebes an – durch das Abstellen auf die Größe des Unternehmens erheblich ausgeweitet worden. Abzustellen ist auf die Zahl der regelmäßig beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer. Unerheblich ist, wie viele Arbeitnehmer gerade im Zeitpunkt der Einstellung oder Versetzung beschäftigt sind. Unerheblich ist auch, für welche Betriebsgröße der Betriebsrat gewählt worden ist. Unerheblich ist, ob die regelmäßige Beschäftigung in Vollzeit oder Teilzeit erfolgt. Soll ein 21. Arbeitnehmer auf Dauer eingestellt werden, zählt er für die Größe noch nicht (Fitting, § 99 BetrVG Rn 12; Richardi/Thüsing, § 99 Rn 16).
Rz. 1102
Leiharbeitnehmer sind nach der Novellierung des AÜG zum 1.4.2017 gemäß § 14 Abs. 2 S. 4 AÜG für die Betriebsgröße – mit Ausnahme des § 112a BetrVG – zu berücksichtigen (vgl. hierzu schon BAG v. 18.10.2011 – 1 AZR 335/10, juris). Sinkt die Beschäftigtenzahl im Unternehmen dauerhaft auf zwanzig oder weniger, besteht kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG mehr. Ein noch laufendes Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG erledigt sich (GK/Raab, § 99 Rn 12; a.A. DKW/Bachner, § 99 Rn 9).
Rz. 1103
Das Mitbestimmungsrecht darf durch Abmachungen der Betriebsparteien – häufig einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat in Großbetrieben etwa darauf, dass Versetzungen immer dann gegeben seien, wenn die Kostenstelle wechselt – nicht in seiner Substanz beeinträchtigt werden. Eine Betriebsvereinbarung, die vorsieht, dass der Einsatz von bis zu 30 % Zeitarbeitnehmern gegenüber dem Stammpersonal jederzeit und dauerhaft ohne Zustimmung des Betriebsrats im Einzelfall zulässig ist, ist daher unwirksam (LAG Hessen v. 3.11.2011 – 5 TaBV 70/11, juris).
Rz. 1104
Hinweis
Auch dann, wenn dasjenige Unternehmen, in dem der Arbeitnehmer angestellt ist, nicht regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt, kann die Mitbestimmungspflicht nach § 99 BetrVG gegeben sein. Trotz des vom BAG selbst festgestellten eindeutigen und nicht auslegbaren anderweitigen Gesetzeswortlautes ist beim gemeinsamen Betrieb auf die ...