Rz. 1348

Die Höhe des Sozialplanvolumens wird zwischen den Betriebspartnern vereinbart; diese sind in der Insolvenz an die Obergrenze des § 123 Abs. 1 InsO gebunden. Wird der Sozialplan durch Spruch der Einigungsstelle festgelegt, hat diese bei der Bildung des Sozialplanvolumens den in § 112 Abs. 5 Nr. 3 BetrVG niedergelegten Ermessensgrundsatz zu beachten. Die Einigungsstelle überschreitet die Grenzen des ihr vorgegebenen Ermessensrahmens, wenn sie für alle infolge einer Betriebsänderung entlassenen Arbeitnehmer ohne Unterschied pauschal Abfindungen festsetzt, deren Höhe sich allein nach dem Monatseinkommen und der Dauer der Betriebszugehörigkeit bemisst (BAG v. 26.5.1988 – 1 ABR 11/87, NZA 1989, 26 = DB 1988, 2155 = BB 1988, 2174; BAG v. 28.9.1988, NZA 1989, 186 = DB 1989, 48 = BB 1989, 498; BAG v. 14.9.1994, NZA 1995, 440 = DB 1995, 430 = BB 1995, 407). Eine zwischen den Betriebspartnern ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über den Inhalt eines Sozialplanes und die fehlende Nachschusspflicht des Arbeitgebers wirkt auch ggü. den Arbeitnehmern, die Ansprüche aus dem Sozialplan geltend machen und eine höhere Abfindung fordern (BAG v. 17.2.1992 – 10 AZR 448/91, NZA 1992, 999 = DB 1992, 1833 = BB 1992, 2083).

 

Rz. 1349

Der Sozialplan soll wirtschaftliche Nachteile ausgleichen oder mildern, die Arbeitnehmern infolge einer Betriebsänderung entstehen. Welche Leistungen ein Sozialplan vorsieht, hängt daher von der Art der Betriebsänderung, ihrer Durchführung und den entstehenden Nachteilen ab. Die Betriebsparteien haben bei der Ausgestaltung der Ausgleichsfunktion von Sozialplänen einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, auch im Hinblick auf die den Arbeitnehmern voraussichtlich entstehenden Nachteile. Sie können im Rahmen ihres weiten Ermessensspielraumes nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und sind nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschädigen (BAG v. 11.11.2008 – 1 AZR 475/07, NZA 2009, 210 = DB 2009, 347). Die Betriebspartner können nach der Vermeidbarkeit der Nachteile oder bei geringfügigen Nachteilen von einem Ausgleich auch gänzlich absehen (BAG v. 14.12.1999 – 1 AZR 175/99). Dasselbe gilt bei einem zumutbaren Weiterbeschäftigungsangebot (BAG v. 6.11.2007 – 1 AZR 960/06, NZA 2008, 232 = DB 2008, 356).

 

Rz. 1350

Die Betriebspartner sind insb. nicht gehalten, alle erdenkbaren Nachteile zu entschädigen. Der Inhalt des Sozialplans muss lediglich dem Normzweck von § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG entsprechen, die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder doch zu mildern, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (BAG v. 31.7.1996 – 10 AZR 45/96, NZA 1997, 165 = DB 1997, 281 = BB 1997, 364). Die Sozialplanabfindung hat danach eine Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion hinsichtlich der – künftigen – Nachteile, die durch eine geplante Betriebsänderung entstehen können; sie stellt ihrem Zweck nach weder eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (BAG v. 9.11.1994 – 10 AZR 281/94, NZA 1995, 644 = DB 1995, 782 = BB 1995, 1038) noch eine – nachträgliche – Vergütung in der Vergangenheit für den Betrieb geleisteter Dienste (BAG v. 16.3.1994 – 10 AZR 606/93, DB 1994, 2635 = ZIP 1994, 1293) dar.

 

Rz. 1351

Für Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlieren, werden regelmäßig Abfindungszahlungen vereinbart, die sich am Alter, an der Dauer der Betriebszugehörigkeit, an der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit, aber auch an anderen Kriterien orientieren können. Dabei müssen die Abfindungen nicht nach einer bestimmten Formel berechnet werden; die Betriebspartner können, insb. in kleineren Betrieben, auch für jeden Arbeitnehmer einzeln bestimmen, welche Zahlungen sie erhalten sollen. Auch wenn ein Arbeitnehmer unter den persönlichen Geltungsbereich eines Sozialplanes fällt, besteht ein Anspruch auf Sozialplanleistungen nur, wenn er wirtschaftliche Nachteile erleidet, die durch die Betriebsänderung entstanden sind, für die der Sozialplan abgeschlossen worden ist. Bei der Betriebszugehörigkeit ist auf das bestehende Arbeitsverhältnis abzustellen. Dies schließt nicht aus, frühere Beschäftigungsverhältnisse im Unternehmen zu berücksichtigen, wenn zwischen ihnen und dem letzten Arbeitsverhältnis ein enger sachlicher Zusammenhang besteht (BAG v. 13.3.2007 – 1 AZR 262/06, NZA 2008, 190).

 

Rz. 1352

Die Betriebspartner sind frei in der Entscheidung, welche Nachteile sie durch welche Leistungen ausgleichen oder mildern wollen. Es obliegt dem Regelungsermessen der Betriebspartner, eine Sozialplanabfindung nach den prognostizierten Nachteilen eines Arbeitsplatzverlustes festzulegen. Werden Arbeitnehmer versetzt oder auf geringerwertige Tätigkeiten umgesetzt, so kann die Erstattung von Umzugskosten, die Zahlung von Wegegeld oder einer Ausgleichszulage vereinbart werden. Es kann geregelt werden, dass Gratifikationen oder ähnliche Leistungen trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses für das Jahr noch voll gezahlt werden. Weiter sind Regelungen über die Weiterbenut...

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