Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 116
Hat der Betriebsrat – unter Verletzung der hierzu bestehenden Verpflichtung – den Wahlvorstand bis 8 Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrates nicht bestellt, kann der Gesamtbetriebsrat diese Bestellung (Einsetzung) des Wahlvorstandes vornehmen. Nur falls kein Gesamtbetriebsrat besteht, hat ein bestehender Konzernbetriebsrat das Recht zur Bestellung (§ 16 Abs. 3 BetrVG). Die Bestellung kann – auf Antrag dreier wahlberechtigter Arbeitnehmer oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft – auch durch das ArbG vorgenommen werden (§ 16 Abs. 2 BetrVG). Das ArbG ist in der Auswahl der zu bestellenden wahlberechtigten Arbeitnehmer frei. Es kann, falls der Betrieb i.d.R. mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer hat, auch Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu Wahlvorstandsmitgliedern bestellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist (§ 16 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Dies ist dann anzunehmen, wenn nicht genügend wahlberechtigte Arbeitnehmer zur Annahme des Amtes bereit oder in der Lage sind. Die bestellten nicht betriebsangehörigen Arbeitnehmer haben Anspruch auf Aufwendungsersatz. Streitig ist, ob dem Wahlvorstand nicht wenigstens ein wahlberechtigter Arbeitnehmer angehören muss, was aber abzulehnen ist. Der Betriebsrat kann, solange seine Amtszeit noch läuft, die Bestellung auch noch bei Anhängigkeit des gerichtlichen Verfahrens nachholen; dieses erledigt sich dann. Dasselbe gilt bei erfolgter (Ersatz-)Bestellung durch Gesamt- oder Konzernbetriebsrat.
Rz. 117
Nur dann, wenn in einem Betrieb kein Betriebsrat besteht, erfolgt die Bestellung zunächst durch einen Gesamt- oder, falls kein Gesamtbetriebsrat gebildet ist, durch einen vorhandenen Konzernbetriebsrat (§ 17 Abs. 1 BetrVG). Hinsichtlich der Einzelheiten des Bestellungsverfahrens gilt das eben Dargelegte entsprechend. Der Gesamtbetriebsrat ist allerdings nicht berechtigt, zur Vorbereitung der Bestellung des Wahlvorstands in Betrieben ohne Betriebsrat Belegschaftsversammlungen als Informationsveranstaltungen durchzuführen; seinem Anliegen, die Belegschaft zu informieren, ist durch die Nutzung interner betrieblicher Kommunikationsmittel ausreichend Rechnung getragen (BAG v. 16.11.2011 – 7 ABR 28/10, juris).
Hinweis
Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat können vom Arbeitgeber diejenigen Auskünfte verlangen – und ggf. im Wege einstweiligen Rechtsschutzes einfordern –, die zur Bestellung des Wahlvorstands erforderlich sind. Dazu gehören nicht diejenigen Informationen, die der Wahlvorstand später benötigt, um eine ordnungsgemäße Wählerliste aufzustellen. Er benötigt also Namen, Geburts- und Eintrittsdaten der Arbeitnehmer nicht. Er ist aber berechtigt, den Betrieb aufzusuchen und dort Arbeitnehmer anzusprechen, ob sie zur Übernahme des Amtes bereit sind (LAG Hessen v. 17.1.2022 – 16 TaBV8/21, juris).