Rz. 474

Da auch einem verhinderten Betriebsratsmitglied die Möglichkeit gegeben werden muss, sich ein Bild über die in der Sitzung zu treffenden Entscheidungen zu machen und seine Betriebsratskollegen über seine Auffassung in einer bestimmten Angelegenheit zu unterrichten, zu überzeugen und ggf. zu bitten, seine Argumente auf der Betriebsratssitzung vorzutragen (so BAG v. 24.5.2006 – 7 AZR 201/05, juris), ist es notwendig, auch unzweifelhaft verhinderten Mitgliedern eine Einladung zur Sitzung zukommen zu lassen. Auf dieses Erfordernis wird, was oft übersehen wird, auch in der neueren Rechtsprechung, die eine Ergänzung der Tagesordnung durch einstimmigen Beschluss der anwesenden Betriebsratsmitglieder zulässt (BAG v. 15.4.2014 – 1 ABR 2/13 (B), juris; LAG Hamm v. 8.12.2017 – 13 TaBV 72/17, juris), nicht verzichtet. Dies wird allerdings nicht gelten, wenn Betriebsratsmitglieder aus Rechtsgründen an der Teilnahme gehindert sind wie etwa bei gekündigten Arbeitnehmern, bei denen der Kündigungsprozess noch läuft und die deswegen an der Ausübung der Betriebsratstätigkeit gehindert sind, oder bei persönlich betroffenen und daher befangenen Betriebsratsmitgliedern.

 

Rz. 475

 

Hinweis

Hinsichtlich der Ladung von Ersatzmitgliedern ist ein einzelnes Betriebsratsmitglied nicht in einer eigenen Rechtsposition betroffen. § 25 Abs. 2 BetrVG begründet kein eigenes Recht eines anderen Betriebsratsmitglieds über die Heranziehung von Ersatzmitgliedern, auch kein Kontrollrecht. Aus diesem Grund soll das einzelne Betriebsratsmitglied auch nicht das Recht haben, die Unwirksamkeit von Beschlüssen feststellen zu lassen (LAG Hessen v. 26.4.2018 – 16 TaBV 215/17, juris). Dies wird allerdings nicht für dasjenige Mitglied gelten, das fehlerhaft nicht geladen worden ist. Insgesamt erscheint die Rechtsprechung als zweifelhaft; zumindest in Fällen, in denen der Vorsitzende grob fehlerhaft oder gar missbräuchlich handelt oder der Fehler von einzelnen bei der Beschlussfassung gerügt worden ist, spricht alles dafür, eine Antragsbefugnis der anderen Mitglieder zuzulassen zu bejahen. Der Arbeitgeber könnte die Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse ohnehin geltend machen.

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