Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 271
Bei Listenwahl werden zunächst die auf jede Vorschlagsliste entfallenden Stimmen – jeder Arbeitnehmer hat in diesem Fall nur eine Stimme, die er einer Vorschlagsliste geben kann – gezählt. Wie bei öffentlichen Wahlen ist der wirkliche Wählerwille festzustellen. Daher wird die Stimme als gültig zu behandeln sein, wenn ein Arbeitnehmer kein Kreuz, sondern nur einen Strich in den für die Stimme vorgesehenen Kreis gemacht hat oder wenn er einen Kreis vollständig geschwärzt und dafür einen anderen eindeutig angekreuzt hat (LAG Nürnberg v. 24.4.2012 – 6 TaBV 55/11, juris). Anderes gilt, wenn ein Stimmzettel irgendwelche Kennzeichnungen wie Namenszeichen, Bilder oder Ähnliches aufweist; in diesem Fall ist die Stimme als ungültig zu behandeln. Derartige Feststellungen hat der Wahlvorstand durch Beschluss zu treffen und dies zu protokollieren. Der Stimmzettel ist – wie alle Briefwahleingänge, Wahlumschläge oder Stimmzettel, über die der Wahlvorstand (gleich mit welchem Ergebnis) Beschluss gefasst hat, gesondert zu den Wahlunterlagen zu nehmen.
Rz. 272
Anschließend wird – ohne dass bereits jetzt auf den Geschlechterschutz geachtet wird – festgestellt, wie viele Betriebsratssitze auf die jeweiligen Listen entfallen. Die Verteilung erfolgt nach dem d`Hondt`schen Höchstzahlensystem. Obwohl dieses System mathematisch die kleineren Gruppen benachteiligt, ist es verfassungsgemäß und verletzt weder den Grundsatz der Gleichheit der Wahl noch die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit (BAG v. 22.11.2017 – 7 ABR 35/16, juris). Zu diesem Zweck werden die auf die einzelnen Listen entfallenen Stimmenzahlen nebeneinander notiert und jeweils durch 1, 2, 3 usw. geteilt. Die höchste Zahl ergibt den ersten Sitz, die zweithöchste den zweiten, usw., bis alle Betriebsratssitze verteilt sind.
Rz. 273
Ist die niedrigste noch zu berücksichtigende Höchstzahl mehrfach vorhanden, entscheidet das Los darüber, welche Liste den Sitz erhält. Enthält eine Vorschlagsliste weniger Bewerber, als nach dieser Methode festgestellte Höchstzahlen auf sie entfallen, dann geht der Sitz auf die Liste mit der nächsthöchsten, der höchsten bisher nicht berücksichtigten Zahl über (§ 15 Abs. 1 bis Abs. 3 WO). Der Losentscheid kann bei gleichen Höchstzahlen auch für nicht zum Zug kommende Listenplätze vorgenommen werden; es kann ja sein, dass es für den Eintritt von Ersatzmitgliedern auf eine bestimmte Reihenfolge der Höchstzahlen später noch ankommen kann. Unterlässt der Wahlvorstand einen solchen Losentscheid für nicht zum Zug gekommene Höchstzahlen, kann dieser, falls er wegen des Ausscheidens oder der Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern noch erforderlich wird, auch noch vom Betriebsrat – dem gesamten Gremium – vorgenommen werden.