Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
aa) Eingliederung und/oder Vertragsabschluss
Rz. 1111
Nach st. Rspr. liegt eine Einstellung vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Maßgebend ist, ob die zu verrichtenden Tätigkeiten ihrer Art nach weisungsgebunden und dazu bestimmt sind, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes zu dienen, sodass sie vom Betriebsinhaber organisiert werden müssen (BAG v. 13.12.2016 – 1 ABR 59/14, juris, für den Einsatz von Mitarbeitern eines externen Überwachungsunternehmens, denen die Mitarbeiter des Einsatzarbeitgebers Anweisungen erteilen können). Ob tatsächlich Weisungen gegeben werden, ist unerheblich. Die Personen müssen derart in die Arbeitsorganisation eingegliedert werden, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen Entscheidungen auch über Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat. Er muss in diesem Sinn Personalhoheit besitzen und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung ggü. den betreffenden Personen wahrnehmen. Dies ist bei einem Einsatz von Beschäftigten, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags auf dem Betriebsgelände tätig sind, noch nicht der Fall, selbst wenn die von ihnen zu erbringenden Dienst- oder Werkleistungen hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant sind (BAG v. 8.11.2016 – 1 ABR 57/14, juris: selbst einzelne Anweisungen führen nicht zwingend zur Eingliederung, was sich aus § 645 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt; weitgehender Fitting, § 99 Rn 30 ff m.w.N.).
Rz. 1112
Für die Eingliederung genügt, dass der AN – obwohl er in dem anderen Betrieb seinen Dienstsitz hat und nur gelegentlich im zweiten Betrieb erscheint – in seiner Funktion als Vorgesetzter den im zweiten Betrieb(steil) beschäftigten Abteilungsleiter, dem gegenüber er weisungsberechtigt ist, "führt" und damit in die Arbeitsprozesse dieser im anderen Betrieb arbeitenden Abteilung eingebunden ist. Mit der Führung des Abteilungsleiters "führt" er mittelbar auch die dort beschäftigten Arbeitnehmer (BAG v. 12.6.2019 – 1 ABR 5/18, juris, und BAG v. 22.10.2019 – 1 ABR 13/18, juris). Der ihm obliegenden Führungsaufgabe kann er nur in regelmäßiger Zusammenarbeit mit dem Abteilungsleiter nachkommen. Als unmittelbarer Vorgesetzter des Abteilungsleiters und mittelbarer Vorgesetzter der sonstigen in der Abteilung der Betriebsstätte tätigen Arbeitnehmer ist er somit in die Erfüllung der dort zu erledigenden operativen Aufgaben eingebunden; Disziplinarbefugnisse muss er nicht haben (BAG v. 14.6.2022 – 1 ABR 13/21, juris). Er verwirklicht durch die Wahrnehmung dieser Führungsaufgaben – Anm.: Vielleicht wäre dies bei reiner Personalführung anders (?) – auch den arbeitstechnischen Zweck dieser Betriebsstätte. Bei der Ausübung seiner Führungsaufgaben ist der AN zudem weisungsgebunden im Verhältnis zum Arbeitgeber tätig. Unerheblich ist, dass er gegenüber dem Betriebsleiter der Betriebsstätte nicht unmittelbar weisungsgebunden ist. Unerheblich ist auch, wie häufig die zur Verwirklichung des Betriebszwecks durchgeführten Tätigkeiten erfolgen oder wieviel Zeit sie in Anspruch nehmen. Für die Annahme einer Eingliederung ist zudem weder zwingend erforderlich, dass die Führungskraft ihre Tätigkeit auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet, noch muss sie in einem bestimmten zeitlichen Mindestumfang "vor Ort" sein; allerdings stellt die partielle Anwesenheit vor Ort ein gewichtiges Indiz für die Eingliederung dar (BAG v. 14.6.2022 – 1 ABR 13/21, juris). Anders als bei einer Versetzung nach § 95 Abs. 3 BetrVG lassen sich dem Gesetz keine quantitativen oder qualitativen Vorgaben für die erbringenden Tätigkeiten, die eine Eingliederung begründen, entnehmen. Der Umstand, dass der AN auch in den Betrieb in der Zentrale eingegliedert ist, ist unerheblich. Ob dies zwangsläufig zur Folge hat, dass der betroffene AN in allen Betrieben für die Betriebsratswahl wahlberechtigt und wählbar ist, hat das BAG offengelassen; dies müsste aber bejaht werden.
Rz. 1113
Abzugrenzen sind Konstellationen, in denen Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeiten an einem anderen Standort verrichten, in diesen nicht eingegliedert sind. Hierfür ist entscheidend auf die Leitungsstruktur abzustellen (so LAG Niedersachsen v. 19.11.2019 – 11 TaBV 7/19, juris, für Mitarbeiter, deren Arbeitsleistung in elektronischer Entwicklungsarbeit besteht, die aber räumlich in einem anderen Betrieb untergebracht sind). Dies gilt aber nur, wenn der Arbeitgeber in demjenigen Betrieb, in dem die Abteilung oder die Mitarbeiter tätig sind, einen anderen arbeitstechnischen Zweck verfolgt. Verfolgt er denselben arbeitstechnischen Zweck in mehreren Betrieben oder Betriebsteilen, spricht dies grundsätzlich für die Eingliederung in den Beschäftigungsbetrieb und gegen die Eingliederung in andere Betriebe. Die Erb...