Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 227
Sobald eine Vorschlagsliste im Wahlvorstandsbüro abgegeben wird, hat das im Büro des Wahlvorstandes "diensthabende" Mitglied Folgendes zu erledigen (§ 7 Abs. 1 WO):
▪ |
Datum und Uhrzeit des Einganges vermerken, |
▪ |
Namen des Überbringers vermerken, |
▪ |
Art des Einreichens vermerken (z.B. persönlich abgegeben im Wahlvorstandsbüro), |
▪ |
schriftliche Bestätigung hierüber fertigen ("hiermit bestätige ich, dass die Vorschlagsliste mit dem Kennwort …, bestehend aus 4 zusammengehefteten Blättern, am … um … Uhr durch den Kollegen … im Wahlvorstandsbüro, Zimmer …, persönlich abgegeben wurde." Datum, Unterschrift), |
▪ |
Kopie der schriftlichen Bestätigung fertigen, |
▪ |
Original der schriftlichen Bestätigung dem Überbringer aushändigen, |
▪ |
die Aushändigung der schriftlichen Bestätigung an den Überbringer durch diesen bestätigen lassen (dieser unterzeichnet auf der Kopie: "Eingangsbestätigung erhalten am …, um … Uhr" Datum, Unterschrift), |
▪ |
Abheften der unterschriebenen Kopie in den Unterlagen des Wahlvorstandes. |
Rz. 228
Falls die Liste nicht persönlich durch einen Überbringer an ein Wahlvorstandsmitglied im Wahlvorstandsbüro abgegeben wird (Eingang z.B. durch Werkspost, Brief, bei Vorfinden im Briefkasten des Wahlvorstandes):
▪ |
Anfertigung des Eingangsvermerkes durch den gesamten Wahlvorstand (Sitzung, Beschluss nötig; allerdings wird das Fehlen die Wahl kaum anfechtbar machen, weil eine Auswirkung auf das Wahlergebnis fast immer ausgeschlossen werden kann), |
▪ |
Übergabe der schriftlichen Bestätigung an den Listenvertreter, |
▪ |
falls kein Listenvertreter benannt ist, Übergabe an den an erster Stelle der Stützunterzeichner aufgeführten Arbeitnehmer, der dann als Listenvertreter gilt, |
▪ |
die Aushändigung der schriftlichen Bestätigung durch den Listenvertreter mit Aushändigungszeitpunkt bestätigen lassen (am besten durch dessen Unterschrift auf der Kopie; es genügt aber auch Telefax oder Telefonnotiz, die dann durch das "diensthabende" Wahlvorstandsmitglied unterzeichnet wird), |
▪ |
die Kopie zu den Akten des Wahlvorstandes nehmen, |
▪ |
ist die Liste nicht bei einem Wahlvorstandsmitglied, sondern einem Wahlhelfer (bspw. der Sekretärin des Wahlvorstandes) abgegeben worden, ist die Bestätigung durch den gesamten Wahlvorstand ggü. dem Listenvertreter zu wiederholen, auch wenn der Wahlhelfer dem Überbringer den Eingang schon bestätigt hat (ein Fehlen der Wiederholung wird die Wahl allerdings nicht anfechtbar machen – wie soll sich eine Auswirkung aufs Wahlergebnis ergeben können?). |
Rz. 229
Sobald eine Vorschlagsliste eingereicht wurde, hat der Wahlvorstand – das gesamte Gremium – die Liste unverzüglich zu prüfen und darüber Beschluss zu fassen. Nach BAG v. 25.5.2005 – 7 ABR 39/04, juris (ebenso BAG v. 21.1.2009 – 7 ABR 65/07, juris) hat der Wahlvorstand diese Prüfung so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Einreicher bei Beanstandungen wenn irgend möglich noch die Gelegenheit erhalten, vor Ablauf der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste einzureichen; am letzten Tag der Einreichungsfrist hat der Wahlvorstand Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammentreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können; ein Vorgehen entsprechend der gesetzlichen Frist ("möglichst innerhalb einer Frist von zwei Arbeitstagen") genügt in diesem Fall nicht, weil dies nicht "unverzüglich" wäre (BAG v. 25.5.2005 – 7 ABR 39/04, juris). Prüft der Wahlvorstand wegen Urlaub und Krankheit nicht unverzüglich, sondern stellt er erst nach Ablauf der Einreichungsfrist fest, dass die Vorschlagsliste einen nicht wählbaren Bewerber enthält, ist die Wahl allein deswegen anfechtbar (auch wenn der Wahlvorstand sein eigenes Versäumnis dadurch zu korrigieren versucht, dass er die Liste ohne den nicht wählbaren Bewerber zulässt, so im Fall des LAG Nürnberg v. 7.3.2022 – 1 TaBV 23/21, juris).
Rz. 230
Hinweis
Muss der Wahlvorstand angesichts von Auffälligkeiten im Schriftbild einer Vorschlagsliste (hier: eingescannte Vorschlagsliste mit den Namen der Bewerber und Stützunterschriften, aber ein Bewerber war mit anderer Farbe handschriftlich eingetragen) Zweifel an der Gültigkeit einer Vorschlagsliste haben, ist er verpflichtet, diesen Zweifeln i.R.d. Prüfung nachzugehen und weitere Ermittlungen anzustellen (BAG v. 21.1.2009 – 7 ABR 64/07, juris). Dasselbe gilt, bevor der Wahlvorstand eine Liste wegen eines nicht wählbaren Bewerbers zurückweist, ohne zu prüfen, ob dieser Bewerber die sechsmonatige Zugehörigkeitsfrist trotz eines kürzer zurückliegenden Eintrittsdatum nicht deswegen erfüllt, weil er unmittelbar vorher in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens beschäftigt war (LAG Nürnberg v. 3.6.2019 – 1 TaBV 3/19, juris).